Essen. Lange diskutierte die Kammer. Dann gewährte sie dem 49-Jährigen, den sie zu eineinhalb Jahren Haft verurteilt hatte, doch Bewährung. Sein elf Monate altes Baby hatte er in Bottrop sexuell missbraucht. Er solle sich der Tat stellen, forderte Richterin Luise Nünning, Vorsitzende der V. Essener Strafkammer, ihn auf.

Drei Monate hatte er in U-Haft gesessen. Bewährung bekam er wohl auch deshalb, weil die Tat selbst eher zu den schwächeren Taten des sexuellen Missbrauchs zählt. Im Prozess hatte er gesagt, er könne sich an eine solche Handlung nicht erinnern.

Der aus Pulheim stammende Angeklagte hatte die Mutter des Kindes häufiger in Bottrop besucht. Es sei eigentlich eine gute Beziehung gewesen, erzählte sie. Streit habe es nur selten gegeben. Schockiert sei sie gewesen, als sie am 5. November vergangenen Jahres ins Wohnzimmer kam und ihn bei seiner Tat überraschte.

Er gab sich selbstsicher. Sie solle sich nicht anstellen: „Was willst Du denn? Das machen alle. Sogar die Deutschen.“ Prompt habe sie mit ihrem Smartphone ein Beweisfoto geschossen. Er habe sie unter Verweis auf seine italienische Herkunft bedroht, erzählt die 31-Jährige vor Gericht: „Du kennst mich. Ich bin aus Italien und kenne Leute. Du wirst sterben, wenn Du zur Polizei gehst.“ Danach habe er ihr eine leichte Kopfnuss verpasst und ihren Laptop auf den Boden geworfen. Sie sei mit dem Baby in den Hausflur geflüchtet.

Streit ums Rauchen

Vom Missbrauch will er nichts wissen. Öfter habe es Streit gegeben, weil er am offenen Fenster rauchte. Dass er sie körperlich angegangen sei, räumt er ein, spricht aber von gegenseitigem Kratzen.

Mit der Schuldfrage habe es wenig Probleme gegeben, meinte Richterin Nünning im Urteil. Die Aussage der Kindsmutter sei überzeugend gewesen. Hinzu kam, dass das Beweisfoto eindeutig sei.

Staatsanwältin Katharina Küpper hatte ebenfalls eineinhalb Jahre Haft gefordert. Dem bislang nicht vorbestraften Mann wollte sie aber keine Bewährung geben. Reue und Einsicht habe er nicht gezeigt, bemängelte sie.

Die Kammer stufe den Angeklagten nicht als pädophil ein, sagte die Richterin. Die Tat selbst sei ein Ausdruck von Macht gewesen. Vor diesem Hintergrund sei es plausibel, dass er sich gar nicht um das Foto kümmerte. Nünning: „Er dachte, dass sie kuscht. Dass sie alles akzeptiert, was er tut.“

Zum Schluss redete die Richterin ihm ins Gewissen: „Sie wissen, dass Sie sich falsch verhalten haben. Sie werden sich mit der Tat auseinandersetzen müssen. Sonst haben Sie keine Chance, ihre Tochter noch einmal wiederzusehen.“