Bottrop.

Mit den „Dachbodengeschichten“ beginnt 1989 die gemeinsame Geschichte des Duos Maja Brüggemeier (62) und Werner Bartelt-Brüggemeier (60) und des Figurentheaters Sonstwo. Nach 25 Jahren künstlerischer Zweisamkeit trennen sich die „Sonstwos“ - wie sie in Bottrop zuweilen liebevoll genannt werden - von ihren Stücken - nicht aber von ihren Figuren. „Da steckt zu viel Herzblut drin und vor allem auch ein jeweils eigener Charakter“, sagt Werner Bartelt-Brüggemeier. „Die Stücke und Kulissen können wir verkaufen oder weitergeben, die Figuren bleiben hier.“

Es war ein Abschied auf Raten

Das Figurentheater wird es ab Herbst nicht mehr geben. Bis dahin standen aber noch einmal alle Inszenierungen auf dem Programm, jedenfalls die, die nicht bereits verkauft oder schon länger aus dem Repertoire genommen wurden. Mit sechs Stücken bestritten Maja und Werner ihren Abschied auf Raten - der den Kulturpreisträgern des Jahres 1997 schon ein wenig schwer fällt. In lockerer Folge zeigten sie noch einmal „Achtung! Trolle im Haus“, „Riesenschwindel“, „Geheimsache Fundbüro“ oder die eben die erwähnten „Dachbodengeschichten“, vielleicht ein Schlüsselstück des Duos, dass seither in Bottrop nicht nur viel geleistet sondern auch manches bewirkt hat. Am kommenden Sonntag steht im langjährigen Stammspielort, dem „Spielraum“ an der Prosperstraße „Die Kirschbaumbande“ auf dem Programm. Am 9. März folgt noch einmal „Drachenzähne zählt man nicht“ - und dann sind die Vorstellungen im Freiverkauf bereits Geschichte und es gibt in Bottrop nur noch Schulaufführungen. Dann, am 19. Oktober schließt sich der Kreis zum Jahr 1989 mit einer Aufführung der „Dachbodengeschichten“ - und dem offiziellen Abschied vom Spielbetrieb.

Es sind oft einfache, gut nachvollziehbare Geschichten aus dem Leben aber mit einem Kern, der aufhorchen lässt. Manchmal sind sogar Kinder-Krimis, wie jetzt in der „Kirschbaumbande“, die Brüggemeiers mit ihren Tischfiguren auf die Bühne bringen. Die Kulissen sind natürlich ebenfalls selbst gebaut. „Wir sind in den 25 Jahren und mit 20 gemeinsamen Stücken Meister des Zerlegens geworden“, sagt Maja Brüggemeier.

Die Kulissen müssen ja gelagert und transportiert werden. Meterbreite oder -hohe Raumelemente sind am Stück nicht zu bewegen. Selbst der große Kirschbaum für die letzte Aufführung der „Kirschbaumbande“ ist handlich teilbar. Ob er ein ähnliches Schicksal wie der „Pirat Eberhard“ haben wird, der bereits bei Kollegen in Lübeck lagert, steht noch nicht fest.

Figurentheater Sonstwo: ein Markenzeichen für die Stadt

Ein einziges Stück des Figurentheaters Sonstwo in den vergangenen 25 Jahren stammt nicht von Maja Brüggemeier und Werner Bartelt-Brüggemeier. „Der Traumwald“ war eine Geschichte aus der Feder des früheren WAZ-Redakteurs Alfons Winterseel. 19 eigene Geschichten sowie acht Stücke aus der Zeit vor 1989, als Maja Brüggemeier noch nicht aktiv zum Sonstwo-Duo gehörte, sind seither komplett in Handarbeit entstanden.

In diesen Jahren haben die Eheleute, die im alten Haus der Bäckerfamilie Cordes an der Horster Straße (Majas Elternhaus) wohnen, proben, Stücke und Figuren entwerfen und herstellen, fast so etwas wie ein Puppen-Imperium aufgebaut. Sie waren nicht nur in Bottrop zu erleben, sondern in der ganzen Republik unterwegs. Gastspiele, Festivals, Workshops: Sonstwo wurde Qualitätsbegriff und Markenzeichen und auch die Figurentheatertage ohne die „Motoren“ Brüggemeier so nicht denkbar.

„Irgendwann gehen die Tourneen bei Wind und Wetter aber auch das Spiel selbst an die körperlichen Grenzen“, sagt Maja Brüggemeier. So sieht sie ihrem Abschied von der Bühne mit einem lachenden und einem weinenden Auge entgegen. „Viele Begegnungen mit dem Publikum waren wunderschön“, sekundiert Ehemann Werner. Aber: Das Know-how der beiden bleibt der Stadt ja erhalten. In Workshops, Fortbildungen und - wenn alles gut weitergeht - auch als Köpfe hinter den Bottroper Figurentheatertagen.