Bottrop.

Die Große Koalition steht. Doch bevor es soweit war, herrschte ein wenig verkehrte Welt bei den örtlichen Bundestagsabgeordneten.

So tat sich Sven Volmering in der GroKo-freundlich geltenden CDU als Mahner hervor, und in der GroKo-skeptisch scheinenden SPD sagte Michael Gerdes vor der Auszählung des Mitgliedervotums: „Ich hoffe auf Zustimmung“. Also: Daumen hoch bei Michael Gerdes und Daumen runter bei Sven Volmering. Auf den ersten Blick schon, doch ganz so eindeutig ist das mit der Politik ja auch wieder nicht.

Sven Volmering betont ja: „Der Koalitionsvertrag ist gut, und er trägt eine klar christdemokratische Handschrift“. Seine Wunschpartnerin ist die SPD aber nicht. „Ich hätte mir eine schwarz-gelbe Bundesregierung gewünscht“, sagt der Bundestagsneuling. Doch die FDP ist ja abgewählt. Auch einer Koalition mit den realpolitischen Grünen gewinnt Volmering etwas ab. Er tritt dafür ein, da enge Kontakte zu halten und wirbt darum, dass sich die CDU schwarz-grünen Kooperationen mehr öffnet. „Im Moment habe ich aber den Eindruck, dass es bei den Grünen in Richtung Rot-Rot-Grün geht“, meint er.
Der stellvertretende CDU-Landesvorsitzende gehört zu der Gruppe der jüngeren CDU-Abgeordneten, die mit Blick auf 2017 eine Neuaufstellung ihrer Partei fordern. Er lobt den angestrebten Stopp der Neuverschuldung, sieht aber Wohltaten wie die abschlagsfreie Rente mit 63, die die jüngere Generation stark belastet. Ein höheres Kindergeld hingegen habe die CDU nicht durchsetzen können, bedauert Volmering. Der Dorstener hofft, dass seine Partei das Internet als Politikfeld stärker in den Blick nimmt. „Das ist wichtig. Die ganze Jugend kennt sich da aus“, sagt der frühere JU-Chef in NRW. Auch neue Beteiligungsmöglichkeiten an der Politik, für die er sich stark macht, bieten sich dabei. So wünscht sich Volmering mehr Debatten über Ideen, Ziele, Programme der CDU mit der Basis auf Parteitagen und Konferenzen. „Beim Grundsatzprogramm machen wir es ja schon“, sagt er.

Michael Gerdes machte sich recht zufrieden auf den Weg in die Sondersitzung der SPD-Bundestagsfraktion in Berlin. „Ich finde es sehr gut, dass sich so viele Menschen auf einmal auch inhaltlich wieder mit Politik beschäftigt haben“, sagte der Bottroper SPD-Chef und meint damit nicht nur die Mitglieder seiner Partei, die sich an dem Mitgliedervotum beteiligt haben. Die Debatte in der SPD über den Koalitionsvertrag habe auch viele Wählerinnen und Wähler interessiert. „Das war der richtige Schritt, unsere Mitglieder zu befragen. Ich habe zwar damit gerechnet, dass es Zustimmung zur Großen Koalition gibt, aber ich bin etwas überrascht, wie eindeutig diese ausfiel“, sagte Gerdes. Schließlich habe es viele kritische Stimmen gegeben, auch in der Bottroper SPD.
„Ich hätte mir schon eine andere Konstellation gewünscht“, bekennt der SPD-Bundestagsabgeordnete mit Blick auf das vor der Bundestagswahl angestrebte Regierungsbündnis mit den Grünen. Das haben die Wählerinnen und Wähler aber nun einmal nicht zugelassen. Mangels Alternative sei er ein Befürworter der Großen Koalition. Die SPD habe im Koalitionsvertrage wichtige Ziele durchgesetzt. Dazu zählt Gerdes den gesetzlichen Mindestlohn von 8,50 Euro ab 2015, die abschlagsfreie Rente ab 63 Jahren bei 45 Beitragsjahren, die Eindämmung von Leiharbeit und die Milliardenhilfe für die Städte. Gerdes: „Auch Bottrop profitiert davon.“

Gemeinsame Sache für Bottrop

Eine Art Große Koalition für die Stadt zu bilden, dagegen hat keiner der beiden Bundestagsabgeordneten etwas einzuwenden.

Sven Volmering bot dies bei seinen Antrittsbesuchen bei Oberbürgermeister Bernd Tischler ja auch schon an. „Bei einer guten Sache gemeinsam für die Stadt und die Region zu arbeiten, versteht sich von selbst“, sagt der Bundestagsabgeordnete. Darüber habe er ja auch schon mit dem SPD-Bundestagsabgeordneten Michael Gerdes gesprochen. „Der politische Wettbewerb wird natürlich bleiben“, betont Volmering. Denn eine Große Koalition könne ja auch seiner Partei schaden. „Nach der ersten war die CDU nicht mehr in der Regierung, nach der zweiten lag sie bei 33 Prozent“, hat Volmering Belege parat. Das solle der CDU nach der dritten nicht wieder passieren.

Auch Michael Gerdes hält ein solches Zweckbündnis für die Stadt und fürs Revier in Sachfragen für in Ordnung. „Mal schauen, ob und wie das möglich ist“, sagte der SPD-Bundestagsabgeordnete. „Wir werden uns sicher nicht kuscheln. Ich werde klare SPD-Politik machen“, betonte Gerdes. Er habe aber zugesagt, von Fall zu Fall auch gemeinsame Sache zu machen, wenn es im Sinne Bottrops sei. Die politische Verantwortlichkeit müsse aber klar bleiben. Gerdes: Ich will in vier Jahren ja nicht wieder in einer Großen Koalition landen“.