Bottrop. .

Die beinah 300 Quadratmeter große Glasfront mit den bunten Spiralformen von dem Maler und Grafiker Georg Meistermann ist wohl das berühmteste Puzzle-Teil im Gesamtkunstwerk Heilig Kreuz. Mit ihrer architektonischen und theologischen Symbolik galt die Kirche nach ihrer Fertigstellung 1957 unter Fachleuten als „berühmteste moderne Kirche Deutschlands“ (intern. Kunstzeitschrift „d’église“). Erst kürzlich hat sich der Förderverein „Kulturkirche Heilig Kreuz“ gegründet, der sich für den Erhalt der Kirche und ihre Nutzung als Kulturstätte einsetzt (die WAZ berichtete).

Ins Unendliche

„Ausschlaggebend für die Architektur des Gesamtkunstwerkes Heilig Kreuz ist die Form einer Parabel“, erläutert Gerhard Reinhold, Experte für Kirchenführungen. Entworfen hat sie der Architekt Rudolf Schwarz in seinem Buch „Vom Bau der Kirche“ 1938. „Die eingespannte Glaswand schützt vor Wind und Kälte und hält gleichzeitig den Bezug zur Außenwelt offen“, so Reinhold. Die Schenkel der geometrischen Figur führten vom Scheitelpunkt nach außen ins Unendliche – auch zu erkennen an den Mauern auf dem Vorplatz der Kirche, die die Schenkel fortsetzen. „Ins Innere gerichtete Strahlen treffen sich im Brennpunkt der Parabel; dort, wo der Altar steht“, führt Reinhold aus. Die Unendlichkeit symbolisiere nicht zuletzt auch das Meistermann-Fenster. „Das Fenster mit seinen farbigen, in einander verquirlten Spiralen steht für die nicht fassbare Anzahl an Sonnen in unserer Galaxie.“

Während Parabel-Form und Glaswand symbolisieren, was unserem Kosmos immanent sei, stehe das Fenster auf der gegenüberliegenden Seite mit dem Auge für das Göttliche – die Transzendenz. Der Altar, auf den das „göttliche Licht“ durch das Fenster fällt, sei als Schwelle vom Göttlichen zum Weltlichen gedacht.

An die Kirche schließt sich auf der rechten Seite eine kleine Kapelle (auch in Parabel-Form) mit einem weiteren Fenster an, das 1986 von Hans-Günther van Look (ein Schüler von Georg Meistermann) entworfen wurde. Es wurde eingesetzt, nachdem das ursprüngliche Fenster zerstört war. Das Fenster ist das Pendant zur großen Glasfront der Kirche. Reinhold: „Es symbolisiert die ersten Verse des Buch Mose, wenn Gott Himmel und Erde getrennt hat, die Erde noch ‘wüst und leer’ ist – das so genannte Tohuwabohu.“ Während das Fenster in der kleinen Parabel also den Anfang der Schöpfung grafisch nachzeichne, zeige die gläserne Öffnung der großen Parabel das Ergebnis der göttlichen Schöpfung: den vollkommenen Kosmos.