IHK-Geschäftsführer Peter Schnepper antwortet DGB-Sekretär Josef Hülsdünker in der Debatte um einen flexiblen Arbeitsmarkt. Und gibt dabei dem Standort Bottrop gute Noten

Stärkt ein flexibler Arbeitsmarkt die Wirtschaft? Das zumindest ist das Ergebnis einer Firmenumfrage der IHK Nord Westfalen (WAZ berichtete). Oder öffnen befristete Verträge und Minijobs der Willkür der Bosse gegenüber Mitarbeitern Tür und Tor und bringen am Ende doch nichts? So spitzte es DGB-Regionalsekretär Dr. Josef Hülsdünker danach in einem WAZ-Gespräch zu. Peter Schnepper, IHK-Chef in Gelsenkirchen, antwortet dem Gewerkschafter nun in einem weiteren Redaktions-Gespräch. Und begründet, warum er für den Standort Bottrop keineswegs schwarz sieht.

Sie sind als Firmenlobbyist nicht glücklich mit den Aussagen der Gewerkschaft zu Ihren Thesen über einen flexiblen Arbeitsmarkt?

Peter Schnepper: Wir wenden uns vor allem gegen das Unternehmerbild, das der DGB da zeichnet. Deutschland gilt als Weltmeister in der Beherrschung der Wirtschaftskrise. Die Gewerkschaft verkennt, dass wir das durchaus mit sozial verträglichen Mitteln erreicht haben, und zwar ohne nennenswerte Beschäftigungseinbußen.

In Bottrop eher nicht. Josef Hülsdünker sagte, dass hier in den letzten Jahren nur gut 200 neue Arbeitsplätze entstanden sind . . .

Da hat er sich wohl um den Faktor zehn vertan. Die Zahl der -- wohlgemerkt: sozialversicherten – Arbeitsplätze in Bottrop ist in den letzten acht Jahren um fast 2000 auf heute 31 300 gestiegen, sagen Daten des statistischen Landesamtes. Das ist ein Plus von 7 %. Zwar knapp unter Landesschnitt, aber in einer ganz anderen Dynamik, als der DGB behauptet.

Sie bleiben also dabei: Flexible Beschäftigung hilft der Wirtschaft – und damit allen?

Natürlich. Die Wirtschaft braucht befristete Arbeitsplätze. Nicht, um Leute auszubeuten, sondern um Auftragsspitzen zu bewältigen, Vertretungen bei Schwangerschaft oder Krankheit zu organisieren, manchmal auch als verlängerte Probezeit. Etwa die Hälfte aller neuen Jobs wird heute befristet vergeben, die Hälfte dieser Mitarbeiter wird dann aber dauerhaft übernommen. Die Firmen gehen sorgsam mit diesen Instrumenten um. Aber Unternehmer brauchen Flexibilität, um ihr Schiff vernünftig steuern zu können.

Schwachpunkt ist der fehlende B224-Ausbau

Als Schwachpunkt der Wirtschaftsentwicklung in Bottrop nennt Peter Schnepper den fehlenden Ausbau der B224 zur A52. Zwar hat das Land den Bottroper Abschnitt für den Bundesverkehrswegeplan gemeldet, nicht aber das Gladbecker Teilstück. Dessen Ausbau hat nun die IHK zur Prüfung angemeldet. Schnepper: „Wir sind zuversichtlich, dass wir da durchkommen.“

Der Gladbecker Bürgerentscheid gegen den Ausbau verliere nach zwei Jahren seine Wirksamkeit. Der nächste Bundesverkehrswegeplan werde voraussichtlich 2016 verabschiedet. Bis dahin sei die regionale Wirtschaft gefordert, sich an der Diskussion zu beteiligen. Schnepper: „Der Plan gilt für zehn Jahre. Wenn die A52 dann nicht drin ist, passiert so lange nichts.“

Trotzdem gibt es Leute, die nicht in sichere Arbeit kommen, die Angst vor der Zukunft haben . . .

Ich bin sicher, der Trend zur Festanstellung wird sich erhöhen. Im demografischen Wandel werden Facharbeiter knapp. Trotzdem: Unsere Studie ist eindeutig. Für 500 Unternehmen, die hier in der Region am Ball sind, ist Flexibilität bei der Beschäftigung von Mitarbeitern ein zentrales Thema. Und nochmals: Der Erfolg gibt uns ja recht. Schauen Sie nach Frankreich. Die haben da im Arbeitsrecht ein starres System. Und die Wirtschaft dort hinkt unserer um Längen hinterher.

Weltmeister im Krisebewältigen – gilt dieser positive Blick auf die Wirtschaft auch für Bottrop?

Ja, wir können eigentlich stolz sein auf das, was in dieser Stadt geleistet wird. Bottrop ist ein interessanter Standort. Es gibt hier Flächen für Ansiedlungen, eine offene Wirtschaftsförderung, eine gute Willkommenskultur für Firmen, etliche sind in der letzten Zeit aus Nachbarstädten hierher gesiedelt. Auf diesem Pfad müssen wir weiter gehen.