Kirchhellen.
Katharsis – das ist der griechische Begriff für „Reinheit“ oder „Läuterung“. Durch die mitleid- und mitgefühlerweckende Katharsis sollte, so die Denkweise der Antike, der Mensch besser werden. Angelehnt an dieses Wort und diesen Auftrag versteht sich das vor etwa zwei Jahren gegründete Streichquartett „Catasia“ als Formation, die Emotionen beim Publikum in der direkten Musikansprache auslösen will.
Im Hof Jünger traten Angelo Bard und Clemens Ratajcak, Violine, Alexander Senazhenski, Viola, und der Cellist Jan Bauer erstmals in dieser Stadt auf. Sie sind eine kammermusikalische Entdeckung über die Region hinaus. Das Ensemble steht durchaus vor einer großen Zukunft.
Keine Oberflächen-Ästhetik
Joseph Haydns Quartett g-Moll op. 20 Nr. 3, eine eher zerrissen-explodierende Klanglandschaft als eine schöne Schlummer- und Träumerei-Idylle, Antonin Dvoraks selten zu hörende „Lieder ohne Worte“-Bilder „Die Zypressen“ (eine Auswahl aus dem Raritätenzyklus von 1881 bis 89) und Felix Mendelssohn-Bartholdys Opus Nr. 1 Es-Dur (op. 12) mit seinen intensiven Kontrasten für Herz und Seele: Drei Werke, die „Catasia“ als Blick ins Komponistenlabor anlegten. Das Heftige, das Dramatische, das Lyrische, das Poetische, die Sehnsucht oder auch das Widerspenstige in der Musikanlage hörbar herauszuarbeiten, war das interpretatorische Konzept. Die jungen Musiker - Mitglieder der Orchester von Essen, Bochum und Braunschweig - bereits hinreichend im Konzertsaal geprüft und in ihren Programmen bestätigt, lassen Oberflächen-Ästhetik links liegen. Stattdessen pflegen sie einen aufregenden, bohrenden wie temperamentvollen Zugang zu diesen Stücken. Alles klingt dabei dennoch „wie aus einem Guss“.
Bei aller Homogenität - bei den Zypressen-Gedichten des böhmischen Meisters Dvorak - imponierte besonders der Bratschist Alexander Senazhenski, der aus Minsk stammt. Fein getupfte oder melodisch strömende Passagen arbeitete er bravourös heraus.
„Catasia“ bekam im Hofsaal viel Beifall. Das Quartett sollte demnächst erneut eingeladen werden.