Bottrop. Nachbarn des neuen Bandidos-Lokals nehmen die Gründung des Clubs recht gelassen. Doch sie wissen auch: Viele ältere Bürger im Viertel haben Angst vor den Kuttenträgern.

Nach der Eröffnungsfeier des neuen Bandidos-Clubs in Bottrop geht es am Clubhaus ihrer Supporter Chicanos zu wie nach fast jeder Hausparty, die bis tief in die Nacht ging. Auf dem kleinen Hof an der Scharnhölzstraße und auf einem gepflasterten Platz am Nordring stehen am Morgen neben dem Clubhaus noch die Partyzelte. Gegen Mittag beginnen Clubmitglieder an dem Eckhaus damit, die Zeltdächer wieder von den Leichtmetallpfosten abzubinden und die Planen zusammenzurollen.

Markus Rösner: Mit tun die nichts.
Markus Rösner: Mit tun die nichts. © WAZ FotoPool

1. Auf dem Nordring: Vor dem Korfu-Grill stehen ein Haus weiter am Nordring drei Radfahrer zusammen. Sie unterhalten sich über die Party des berüchtigten Rockerclubs und die demonstrative Polizeikontrolle vor dem Clubhaus. Dass die Bandidos hier eingezogen sind, stört sie nicht sonderlich. „Mir tun die nichts, die tun meinen Kindern nichts. Wenn sie sich untereinander bekriegen, sollen sie sich eben bekriegen“, meint Markus Rösner. Er habe die Clubmitglieder bisher sogar als prima Kerle kennen gelernt. „Ich bin hier mal mit meinem Roller liegengeblieben. Da haben sie mir geholfen“, sagt der Bottroper.

Annegret Domke: Altere Leute haben Angst.
Annegret Domke: Altere Leute haben Angst. © WAZ FotoPool

2. Im Kiosk: Doch nicht jeder in dem Viertel bleibt so gelassen wie er. „Die älteren Leute haben Angst. Sie befürchten, dass es hier Krach und Schlägereien geben könnte“, sagt Annegret Domke. Die Inhaberin des Kiosks „Puddingschnecke“ spürt das auch an den Reaktionen ihrer älteren Kunden, wenn Rocker in ihren Laden an der Scharnhölzstraße kommen. Sie selbst habe bisher nur gute Erfahrungen gemacht. „Sie kaufen hier Kaffee, Zigaretten und Bonbons“, sagt die Kioskbesitzerin. Die Bandidos und Chicanos seien freundlich. „Mein Enkel hat mich neulich sogar staunend gefragt, ob tatsächlich schon ein echter Bandido in meinem Laden stand“, schmunzelt sie.

Joachim Hansen: Kein Freund von Vorurteilen.
Joachim Hansen: Kein Freund von Vorurteilen. © WAZ FotoPool

3. Beim Raumausstatter: Auch Raumausstatter Joachim Hansen wenige Häuser weiter kümmert sich nicht groß um den schlechten Ruf der Bandidos. „Ich bin kein Freund von Vorurteilen und bilde mir lieber selber ein Urteil“, sagt der Geschäftsinhaber. Vielleicht gehe er demnächst einmal quer über die Straße, um sich am neuen Clubhaus ein Bild zu machen. „Ich bin ja auch Motorradfahrer“, sagt Hansen, und einige der schweren Motorräder, die er hin und wieder vor dem Club stehen sehe, hätten ihn ziemlich beeindruckt. Dass die Polizei zur Cluberöffnung Präsenz zeigte, habe viele in dem Viertel beruhigt. „Ich fand das auch gut“, betont Annegret Domke. Denn, sagt sie: „Die Ängste sind ja da: Was passiert hier, wenn rivalisierende Clubs aufeinandertreffen und das eskaliert“.

4. Beim Friseur: Das sieht auch Friseur Hubert Engelskirchen in seinem Herren-Haarstudio am Nordring so. Die Eröffnungsparty der Bandidos rund um das Clubhaus direkt nebenan sei trotz der über 300 Besucher friedlich verlaufen. „Da waren sie alle ganz entspannt“, meint Engelskirchen. Doch der Haarstudio-Inhaber fragt auch, ohne die berüchtigten Hells Angels beim Namen nennen zu müssen: „Was ist, wenn hier die Konkurrenz auftaucht?“.

Michael Anastasiadis: Nicht alles Verbrecher.
Michael Anastasiadis: Nicht alles Verbrecher. © WAZ FotoPool

5. In der Imbissstube: Im Korfu-Grill wundert sich sein NachbarMichael Anastasiadisl, dass zu Beginn des Festes mehr Polizisten als Bandidos-Besucher da waren. Die Kontrolle habe auch seine Kunden ferngehalten. Bandidos gehörten längst mit zu seinen Kunden. „Ich kann doch nicht sagen, das sind alles Verbrecher“, meint er.

6. Im Supermarkt: Im Supermarkt direkt gegenüber des neuen Bandidos-Domizils sieht Kassierer Murat Kaan-Özkan keinen Grund, dass sich jemand groß aufrege. Zwar gebe es unter den Kunden auch solche, die beunruhigt seien, aber: „Die Leute aus dem Club kaufen hier ein. Sie sind freundlich und grüßen. Hier gibt es keinen Terz“, sagt er. Kundin Ludomia Noder hingegen gehört zu jenen, die sich Sorgen machen und betont: „Das war wichtig, dass die Polizei hier war“.

Polizei gewann Erkenntnisse über die Szene

Die Polizei ist mit ihrem Großeinsatz vor dem neuen Clubhaus der Bandidos an der Scharnhölzstraße 186 zufrieden. „Die Ergebnisse der Überprüfungen an den Kontrollstellen haben uns wichtige Erkenntnisse über die Szene gegeben“, teilte Polizeidirektor Karl-Heinz Henn mit. „Durch unser konsequentes Vorgehen haben wir den Rockern signalisiert, dass wir die Szene im Blick haben und das Geschehen hier in Bottrop sehr genau beobachten“, erklärte der Polizeiführer.

Murat Kaan-Özkan: Kein Terz.
Murat Kaan-Özkan: Kein Terz. © WAZ FotoPool

Die starke Präsenz machte deutlich, dass die Polizei keinen rechtsfreien Raum für gewalttätige Auseinandersetzungen dulde. Das Konzept der Polizei sei aufgegangen. Die Veranstaltung nahm einen störungsfreien Verlauf, lautet das Fazit. Die Polizeibeamten kontrollierten rund 330 Personen und etwa 100 Fahrzeuge. Straftaten oder Ordnungswidrigkeiten durch Besucher der Veranstaltung wurden dabei nicht festgestellt. Wie berichtet, war die Polizei aus Anlass der Cluberöffnung mit einem starken Kräfteaufgebot zur Stelle, weil es zuletzt immer wieder Auseinandersetzungen im Rockermilieu gegeben hatte.