Bottrop. .

Seit diesem Monat gilt bundesweit im Friseurhandwerk ein Mindestlohn. Gut so, findet Heike Ingendoh-Pospiech, Obermeisterin der Bottroper Friseur-Innung. Das bringe den Beruf Friseur aus den Schlagzeilen heraus, „der schlecht bezahlteste Job aller Zeiten zu sein“. Auf die über 100 Salons in der Stadt und ihre Preisgestaltung dürfte dieser Mindestlohn – stufenweise sollen in zwei Jahren flächendeckend 8,50 Euro pro Stunde erreicht werden – keine konkreten Auswirkungen haben. Denn: „Wir haben für NRW seit Jahren einen verbindlichen Tarifvertrag“, erklärt Ingendoh-Pospiech. In dem seien die nun bundesweit ausgehandelten Mindestsätze längst festgeschrieben. „Bei uns dürfte der Mindestlohn also keinem Betrieb wehtun“, so Ingendoh-Pospiech. Und demnach das Haareschneiden für die Kunden nicht teurer werden.

Haarschnitt für Dumping-Preise

Dass die Entlohnung im Friseurhandwerk über die Mindestlohndebatte ins öffentliche Gespräch kommt, findet die Obermeisterin auch deshalb gut, „weil wir viele Friseure haben, die Dumping-Preise machen“. Als Beispiel für einen Dumpingpreis nennt sie unter zehn Euro für einen Damen-Trockenhaarschnitt; sie selbst nimmt in ihrem Salon dafür zum Beispiel mindestens 15 Euro. Haare schneiden für weniger als zehn Euro – das sei betriebswirtschaftlich eigentlich nicht machbar. „Das kann der ein oder andere machen, weil er Eigentümer ist“, meint die Innungs-Obermeisterin. „Aber es gibt schon Preise, wo man sich fragt: Wird das Personal da wirklich richtig bezahlt?“

Friseurmeister Dirk Gresch, der 2012 mit der Verwaltungszentrale seiner revierweiten Firmengruppe nach Bottrop zurückkehrte und den Salon an der Osterfelder Straße eröffnete, glaubt mit Blick auf Friseure mit Billig-Preisen: „Wenn dort alles ordentlich läuft und den gesetzlichen und steuerlichen Bestimmungen entspricht, dann geht das nur über die Frequenz – und das heißt: Weniger Zeit für die Kunden.“ Wenn also etwa statt sieben bis acht Kunden pro Mitarbeiter, wie es bei Gresch der Fall sei, zehn bis zwölf Kunden am Tag bedient würden – „und zusätzlich etwa die Investitionen bei der Einrichtung weitaus geringer waren, es keinen Service gibt“, dann seien entsprechend günstige Preise wohl drin.

Gresch selbst hat die Preise aktuell „um einen ganz niedrigen Prozentsatz angepasst“. Allerdings nicht aufgrund des Mindestlohns, „weil wir schon immer mehr zahlen, als der Mindestlohn jetzt vorsieht“, sondern einem allgemeinen Kostendruck folgend. Höhere Energiekosten, Abgaben zur Berufsgenosenschaft, Steuern nennt der Friseurmeister als Beispiele.

Das bestätigt auch eine Inhaberin von drei Friseur-Salons in Bottrop, die ihren Namen lieber nicht in der Zeitung lesen möchte. Sie habe die Preise im vergangenen Jahr einmal angehoben, weil Nebenkosten wie Strom und Wasser angezogen hätten. „Und auch die Friseurinnen sind teurer geworden“ – aufgrund von Erhöhungen beim Tariflohn.

Das müssen Friseure jetzt mindestens verdienen

Friseure in Westdeutschland bekommen seit dem 1. August mindestens 7,50 Euro in der Stunde. Im Osten des Landes liegt die Lohnuntergrenze seit diesem Monat bei 6,50 Euro. Der Zentralverband des Friseurhandwerks und die Gewerkschaft Verdi haben sich darauf geeinigt, die Löhne stufenweise anzupassen. Ab August 2015 sollen die Löhne nochmals angepasst werden, Dann sollen alle Friseure in Deutschland das gleiche bekommen. Ab dann gilt ein Mindestlohn von 8,50 Euro sowohl in West- als auch in Ostdeutschland.