Die steigende Zahl von Masernausbrüchen hat eine Debatte über eine Impfpflicht ausgelöst. Denn einer der Gründe für die Zunahme ist, dass manche Eltern den Impfschutz ihrer Kinder vernachlässigten oder bewusst ablehnten, sagen Experten. Dr. Christian Marga, Leiter des Gesundheitsamtes, betrachtet eine Plicht zur Impfung kritisch. „Beide Positionen, für eine Impfpflicht und dagegen, haben ihre Vorteile.“ Daher plädiert er für umfassende Information und Aufklärung. „Man sollte sachlich informieren und die Personen, die einer Impfung kritisch gegenüber stehen, versuchen zu überzeugen.“
Keinesfalls harmlos
Dr. Martin Günther, Chefarzt in der Klinik für Kinder- und Jugendmedizin im Marienhospital, ist kein glühender Anhänger einer Impfpflicht. „Das sollte das letzte Mittel sein.“ Auch er setzt stattdessen auf eine umfassende Aufklärung, meist der Eltern. Wenn klar sei, dass eine Impfung Schaden abwende und nicht verursache, dann sollte geimpft werden, rät der Chefarzt.
In Bottrop hat es in den vergangenen drei, vier Jahren keinen Masernausbruch gegeben, stellt Dr. Marga fest. Die Impfquote bei Schulanfängern sei „erfreulich“. Im Schuljahr 2010/11 habe sie bei 95,8 Prozent gelegen, in ganz NRW dagegen bei 94 Prozent. „Die Quote für Erwachsene wissen wir nicht sicher, sie liegt aber wohl deutlich darunter.“ Sein eindringlicher Rat: Impfen lassen. „Man schützt sich selbst, und man schützt auch andere.“
Eine Masernerkrankung, so Dr. Marga, werde meist verharmlosend als Kinderkrankheit bezeichnet, „aber das ist nicht richtig“. Auch Erwachsene könnten sich anstecken. Und: „Das ist keinesfalls eine harmlose Erkrankung.“ Es könne zu Komplikationen kommen, etwa zu bakteriellen Infektionen (Bronchitis, Lungenentzündung), zu einer Gehirnentzündung (in einer Größenordnung von 0,1 Prozent); diese könne den Tod zur Folge haben oder das zentrale Nervensystem schädigen. „Daran sieht man, dass das keine harmlose Erkrankung ist.“ Und er gibt zu bedenken: Die eigentliche Virus-Erkrankung sei nicht zu behandeln. Schutz biete nur die Impfung.