Bottrop/Herne/Recklinghausen.

Gerade auch beim Gegenständlichen zeige sich das eigentliche Können eines Malers, sagte der Wahl-Bottroper Johann Hinger vor einiger Zeit. Dass es in der bildenden Kunst wieder eine verstärkte Hinwendung zur gegenständlichen Malerei gibt, ist seit einiger Zeit zu beobachten. Auch Johann Hinger - vielen Bottropern unter anderem durch das rote Pferd, seine Skulptur an der Ausfallstraße Richtung Kirchhellen bekannt - ist bekennender Vertreter dieser Tendenz. Derzeit ist er gleich mit zwei Ausstellungen in Recklinghausen und Wanne-Eickel vertreten.

Das „Museum Strom und Leben“ im Umspannwerk Recklinghausen zeigt unter dem Titel „Menschen und Landschaften der Emscherregion vor allem zahlreiche Porträts in Öl von Künstlern, Politikern aber auch „Machern“, die in der Region arbeiten oder ihre Spuren hinterließen.

Realistisch - aber keine Schönmalerei

Dazu gehören der Künstler Hans van Ooyen ebenso, wie Theaterprinzipal Christian Stratmann (des Doktors Bruder) mit seiner markanten Brille, der frühere Kulturhauptstadt-Geschäftsführer Oliver Scheytt, der inzwischen zum Kompetenzteam und Schattenkabinett von Kanzlerkandidat und Merkel-Herausforderer Peer Steinbrück gehört, oder auch Werner Ruhnau. Den Doyen der Revier-Architekten, der unter anderem einer der Federführer beim Bau des markanten Gelsenkirchener Musiktheaters war, zeigt Hinger mit seinem Markenzeichen, dem braunen Käppi.

Die zweite Schau parallel zum Umspannwerk zeigt Hinger im Heimatmuseum Wanne-Eickel: „Landschaften“. Was fotorealistisch wie großformatige Bekenntnisse zur Schönmalerei daherkommt, soll auch so sein. Hinger brauchte zwar nach seinem Umzug von Wien, wo er wie später auch in Düsseldorf an der Kunstakademie studierte, einige Zeit, um im Ruhrgebiet nicht mehr zu „fremdeln“, nahm aber rasch die raue Schönheit und die durchaus eigenwillige Ästhetik der Industriearchitektur wahr, die oft unmittelbar aus scheinbar unberührter Landschaft heraus zu wachsen scheint.

Ob es nun das grüne Ruhrtal, der Duisburger Hafen oder der Rhein-Herne-Kanal zwischen Idylle und Ökonomie ist: Schön im klassischen Sinne ja, Kitsch soll es aber auf keinen Fall sein. Nicht verklären, aber so zeigen, wie es ist, könnte das Motto des mittlerweile bekennenden Bottropers lauten.

Der Wiedererkennungseffekt prägt vor allem auch seine Porträts. Da kommen Gesichter wie Landschaften daher, zerfurcht, durchlebt, aber nie bis zur Unkenntlichkeit dekonstruiert. „Wilde“ Oberfläche, starker Strich: Es geht um Charakter, nicht das „Schönmalen“ im Sinne klassischer Retusche. Was Hinger auf jeden Fall nicht will, ist schmeicheln. Das wiederum passte auch gar nicht zu seiner Wahl-Heimat, dem Ruhrgebiet. Das alte Revier, das vielleicht in der Emscherzone noch stärker durchschimmert, als im mittlerweile feinen Ruhrtal, favorisierte schon immer den unverstellten Blick.

Die Ausstellung mit Porträts von Johann Hinger „Gesichter der Emscherregion“ ist noch bis zum 8. September im „Museum Strom und Leben“ im Umspannwerk Recklinghausen zu sehen. Das Gebäude selbst setzte 1927 einen starken Akzent in Sachen neuer Architektur. Info: www.umspannwerk-recklinghausen.de

Die Ausstellung „Landschaften“ ist im alten Wanne-Eickeler Stadtmuseum, dem heutigen Heimt- und Naturkundemuseum im Herner Stadtteil Wanne an der Unser-Fritz-Straße 108 zu sehen. Auch diese Schau läuft noch bis zum 8. September. Infos gibt es unter www.herne.de. Beide Museen sind montags geschlossen.