Essen. „Jetzt nehmen wir ihn mit.“ Mutter und Schwester des Angeklagten waren erleichtert, nachdem die VI. Essener Strafkammer den 21 Jahre alten Angeklagten aus Bottrop vom Vorwurf zweier Raubüberfälle freigesprochen und den Haftbefehl aufgehoben hatte.

Laut Anklage hatte der Bottroper maskiert und mit vorgehaltener Schusswaffe am 13. Januar in Essen-Frohnhausen einen Kiosk und am 16. Januar die Esso-Tankstelle an der Sterkrader Straße in Bottrop überfallen. 450 Euro soll er bei der ersten Tat erbeutet haben. Bei der zweiten gingen die beiden zunächst unbekannten Täter leer aus.

Weil ein auffälliger Seat in der Nähe gesehen worden war, kam die Polizei schnell auf einen 20-Jährigen aus Bottrop. Der gestand auch, nachdem die Beamten ihn zwei Monate nach den Überfällen mit den Vorwürfen konfrontierten. Geweint haben soll er und schließlich offenbart haben, wer sein Komplize war: der jetzt angeklagte 21-Jährige. Der bestritt die Tat vehement.

Widersprüche

Der 20-Jährige blieb aber bei seinen Angaben. Er verstrickte sich allerdings bei einigen Details in Widersprüche. Verteidiger Rudi Bockholt hatte ihn darauf angesprochen, war aber ebenso wie Richterin Jutta Wendrich-Rosch ohne erhellende Antwort geblieben.

Am zweiten Prozesstag ging es schnell. Staatsanwältin Kathrin Otte und Verteidiger Bockholt beantragten Freispruch. Da blieb wenig Zweifel, was die Kammer urteilen würde. Als das Gericht vor der Urteilsverkündung den Saal betrat, fragte die Richterin den Angeklagten sofort, ob er auf die Entschädigung für die erlittene U-Haft verzichten wolle. Das bejahte er. Danach hieß es: „Freispruch.“

Von einem professionell ausgeführten Überfall sprach die Richterin in ihrer Urteilsbegründung. So sei es plausibel gewesen, dass der einschlägig vorbestrafte Angeklagte beteiligt gewesen sei. Das Hauptproblem dürfte für die Kammer der Belastungszeuge gewesen sein. Die Richterin: „Er lügt. Entweder hier oder bei der Polizei.“ Letztendlich sei die Schuld des Angeklagten deshalb nicht nachzuweisen: „Trotz der Vorstrafe und einiger Indizien bleiben Zweifel.“ Ganz freundlich klang die Urteilsbegründung nicht: „Wir glauben nicht, dass wir einen anderen Täter finden.“