Bottrop. .

Sie gelten als gesellig, treu und überaus intelligent, dennoch sind Dohlen - wie alle Raben- und Krähenvögel nicht sonderlich beliebt. Und schon gar nicht dann, wenn sie aus Not und Platzmangel ihre Nester ausgerechnet in Kaminen und Schornsteinen platzieren. Etwa 400 Nester von Dohlen mussten die Schornsteinfeger im Stadtgebiet in diesem Jahr bereits aus Schornsteinen holen. „Allein in Kirchhellen hab ich 80 Nester entfernen müssen“, sagt Bezirksschornsteinfegermeister Michael Rößler. „Und die Tendenz ist in den letzten zehn Jahren steigend.“

Abgase ziehen nicht mehr ab

Dohlen sind eigentlich Höhlenbrüter und bevorzugen in freier Natur Brutstätten in Wäldern, Steinbrüchen oder Felsen. Aber geeignete Brutplätze gibt es angesichts des wachsenden Bestandes im Stadtgebiet immer seltener. Also versuchen die schwarzgefiederten Vögel mit den silbrig-weißen Augen ihre Nester in Kaminen und Schornsteinen zu bauen. „Aufmerksame Hausbewohner bemerken den plötzlichen Lärm auf ihrem Dach“, meint Rößler. „Die Vögel werfen zunächst etwa finderdicke Stöcke in den Kamin und beobachten, ob diese hängen bleiben. Schließlich bauen sie darauf aus Grasbüscheln, Moos, Pferdehaaren und auch Fetzen von Papiertaschentüchern ein kuscheliges Nest.“ Innerhalb von drei bis vier Stunden sei das Werk abgeschlossen und der Kamin dicht.

„Für die Bewohner des Hauses ist das natürlich eine große Gefahr“, so Rößler. „Die Abgase von Öl- und Gasheizungen ziehen nicht mehr ab, sondern dringen meist an der Heizungsanlage selbst ins Haus und können zu einer lebensgefährlichen Anreicherung von Kohlenmonoxid führen.“

Ist der Kamin erstmal verstopft, ist also schnelles Handeln angesagt. „Denn wenn die Vogelküken ausgeschlüpft sind, ist der Tierschutz vorrangig“, erklärt Rößler. „Dann muss die Heizung ausbleiben, bis die Vögel flügge sind.“ Doch so lange nur das Nest im Kamin steckt, können Dachdecker und Schornsteinfeger helfen: Mit einem so genannten Dohlenöffner wird das Nest - das meist etwa drei bis vier Meter unterhalb der Kaminöffnung sitzt - aus der Tiefe gehoben oder durch die Lüftungsklappe beseitigt. Mitunter klemmt es jedoch so fest, dass das Nest ausgebrannt werden muss. „Die Arbeiten finden natürlich unter dem Protest der Dohlen statt, die uns aufgeregt umkreisen. Das hat dann was von Hitchcocks ‘Die Vögel’“, so der Schornsteinfegermeister.

Damit sich die Dohlen nicht wieder in dem Kamin einnisten, wird ein Dohlenschutzgitter in den Kamin geklemmt. „Aber so lässt sich das Problem letztlich nicht lösen“, meint Rößler. „Ist der eine Kamin geschützt, suchen sich die Vögel einen anderen.“

Dohlengitter lösen nicht das Problem

Durch die langandauernde Kälte haben in diesem Jahr Nestbau und Brutzeit der Dohlen erst spät begonnen. Schornsteinfegermeister Michael Rößler schätzt, dass die Vögel sich noch bis etwa Ende Juli in Kaminen einnisten könnten. Nisten die Dohlen in unbenutzten Kaminen, lassen die Schornsteinfeger sie meist gewähren bis der Nachwuchs flügge ist. Mitunter überlassen die Hauseigentümer unbenutzte Kamine auch den Vögeln.

Grundsätzlich lösen Dohlenschutzgitter aber nicht das Problem, denn die Vögel suchen sich dann andere Kamine. „Zudem habe ich es in diesem Jahr schon zweimal erlebt, dass die Dohlen, die angebrachten Gitter wieder entfernen“, erzählt Rößler. „Es sind halt sehr intelligente Vögel, die sich zu helfen wissen.“

Tierschützer sehen es kritisch, dass der Lebensraum der Dohlen zunehmend eingeengt wird. Der Naturschutzbund (Nabu) kürte die Dohle 2012 zum „Vogel des Jahres“, da er in mehreren Bundesländern auf der Roten Liste oder Vorwarnliste der gefährdeten Arten steht.