Bottrop. . In diesen Tagen wird die moderne Langspielplatte 65 Jahre alt. Anlässlich des Jubiläums spricht die WAZ mit dem Inhaber des einzigen Plattenladens der Stadt Bottrop über den Wiederaufstieg des „schwarzen Goldes“.

Vor 65 Jahren gelang dem ungarisch-amerikanischen Physiker Dr. Peter Carl Goldmarker eine bahnbrechende Erfindung: die Langspielplatte aus Kunststoff. 1948 gilt als das Geburtsjahr der modernen LP. In diesen Tagen feierte sie ihren 65. Geburtstag. Und wenn das Leben laut Udo Jürgens mit 66 Jahren erst so richtig anfängt, dann ist die Renaissance, die das „schwarze Gold“ seit etwa fünf Jahren erlebt, nur der Anfang des Wiederaufstiegs eines totgesagten Tonträgers.

Das Jubiläum der Vinyl-Schallplatte hat Hans Joachim Schneider, der vor vier Jahren „Schneiders LP Shop“ an der Gladbecker Straße 238 eröffnet hat, gar nicht auf dem Radar. Inhaber kleiner Plattenläden wie Schneider können trotzdem mitfeiern. Denn das Geschäft mit den Vinyl-Platten läuft so gut wie lange nicht mehr. Der Umsatz ist laut dem Marktforschungsinstitut GfK im vergangenen Jahr um 40 Prozent auf fast 20 Millionen Euro gestiegen. „Trotzdem spielt das schwarze Gold wirtschaftlich eine nachgeordnete Rolle: Mit einem Anteil von 1,4 Prozent an den Gesamtmusikumsätzen bleibt es auch weiterhin ein Nischenprodukt für leidenschaftliche Sammler und Fans“, bilanziert der Bundesverband Musikindustrie auf seiner Internetpräsenz.

Eine Aufgabe

Das weiß auch Hans Joachim Schneider. Der leidenschaftliche Musiksammler hat sich mit der Eröffnung seines Plattenladens einen Traum erfüllt. „Wenn ich in den Ruhestand gehe, dann will ich eine Aufgabe haben“, sagt der 63-Jährige, der einen Fleisch-Großhandel an der Mozartstraße betreibt. Schneiders Laden öffnet nur an drei Tagen in der Woche für einige Stunden.

Woher der Vinyl-Trend gekommen ist, kann Schneider, der von Rock, Beat, Jazz, Progressive bis Punk und New Wave alles auf Lager hat, auch nicht genau sagen. „Einerseits ist der analoge Klang der Schallplatte etwas ganz Besonderes. Andererseits kann man Vinyl-Scheiben nicht selbst kopieren. Vielen dienen seltene Pressungen auch als Anlageprojekte“, spekuliert er. Schneider besitzt mehrere zehntausend Vinyl-Scheiben – die wertvollsten Exemplare seiner Sammlung stehen aber natürlich nicht zum Verkauf.

Ein Bericht von Spiegel-TV sieht den Vinyl-Trend als Protest gegen den Wertverlust von Musik im digitalen Zeitalter. Hinzu kommt, dass die großen Stars wie Daft Punk, Madonna, Kylie Minogue und Coldplay ihre Alben wieder auf Vinyl veröffentlichen. „Die Nachfrage ist einfach wieder da“, sagt Schneider. Und das liege auch daran, dass die Menschen die entsprechenden finanziellen Möglichkeiten haben.