Bottrop. .

Weit aufgerissen, kreischend und knallrot recken sich die Schnäbel in die Luft und aufgeregt flattern die jungen Eichelhäher mit ihren Flügeln. Klar: Sie haben Hunger! Allerdings kümmert sich nicht die leibliche Vogelmutter um die Jungvögel, sondern Tierschützerin Frauke Krebs. Derzeit bitten nahezu täglich Menschen bei den „Tierfreunden Bottrop“ um Rat und Hilfe, weil sie hilflose Jungtiere gefunden haben. Meist handelt es sich dabei um Vögel. Allein in diesem Frühjahr wurden 60 Meisen, Tauben, Eichelhäher, Krähen und Amseln im Tierheim abgegeben.

Nicht zu schnell eingreifen

„Die jungen Vögel sind entweder aus dem Nest gefallen oder bei ihren Flugversuchen gestrandet“, weiß Hildegard Tüllmann, Leiterin des Tierheims, warnt aber zugleich: „Man sollte nicht zu schnell eingreifen, denn in der Regel kümmern sich die Eltern auch dann um ihren Nachwuchs.“ Als Beispiel für gut gemeintes, aber vorschnelles Eingreifen erzählt die Tierheimleiterin schmunzelnd die Geschichte einer Entenfamilie: Da sei eine Frau mit zehn Entenküken, die sie unweit des Tierheim scheinbar elternlos gefunden habe, gekommen. „Doch noch während wir uns um eine Unterbringung bemühten, kam laut schnatternd und aufgeregt die Entenmutter des Weges – angelockt von den Rufen ihres Nachwuchses. Schnell ließen wir die Kleinen zu ihr und empört schnatternd zog die Familie von dannen.“

Drum raten die Tierschützerinnen, scheinbar elternlose Jungvögel und auch –tiere genau zu beobachten. „Mindestens einen halben Tag sollte man das tun“, so Krebs. „Denn die Eltern kümmern sich und Wildtiere haben in Menschenhand eigentlich nichts zu suchen.“

Im Notfall kümmern sich die Tierschützer natürlich um die Waisen. So hat Frauke Krebs in den letzten zwei Jahren etwa 100 Jungvögel aufgepäppelt. „Die Handaufzucht ist allerdings sehr schwer, und viele haben es leider nicht geschafft“, so die 46-Jährige. Wie Ernie und Bert, die beiden jungen Eichelhäher, sind die Jungvögel sogleich sehr zutraulich, nehmen gierig die mit der Pinzette gereichten Hühnerherzen, Mehlwürmer oder gekochten Nudeln an, verfolgen aber ebenso aufmerksam die Fliegen, die um sie kreisen. „Das ist ihr Instinkt, aber noch sind sie zu langsam und trottelig, sie zu fangen“, meint Frauke Krebs.

Doch nach einigen Wochen der Fürsorge kann Frauke Krebs die Jungvögel auswildern. „Das ist immer schwer. Denn sie sind mir ans Herz gewachsen.“ Umgekehrt scheint es mitunter auch so zu sein: So kommt beispielsweise ein Rabe, den die Tierschützerin vor drei Wochen in die Freiheit entließ, immer noch zu ihrem Haus.

Ins Nest setzen

Die „Tierfreunde Bottrop“ appelieren, Jungvögel nicht zu schnell aufzugreifen, da sich die Eltern in der Regel auch um ihren Nachwuchs kümmern, wenn er aus dem Nest gefallen oder bei flugversuchen gescheitert ist. „Gut wäre es, den Jungvogel wieder ins Nest zu setzen“, so Hildegard Tüllmanns. „Es ist ein Irrglaube, dass Eltern Jungvögel nicht mehr annehmen, wenn Menschen sie berührt haben.“

Natürlich kümmern sich die Tierschützer um Vogelwaisen. Info: Tel: 93848. Für größere Tiere wie Kaninchen, Rehe oder Füchse sind das Veterinäramt sowie die Förster zuständig.