Die allererste Spur führt auf den Armeler Hof auf dem Donnerberg. Etwa hier nahm die Christianisierung Bottrops kurz vor 900 ihren Anfang. Der Hof gehörte zur Abtei Werden und musste dem Kloster Naturalien geben, eine Steuer zahlen und Frondienste leisten. Eine weitere Spur führt nach Kirchhellen. Ein Gebiet im heutigen Kirchhellen gehörte zum Kloster Deutz. Hier stand wohl im 9. oder 10. Jahrhundert eine Kirche mit einem Oberhof namens „Hillen“ oder „Hellen“. Nachzulesen ist das alles auf der Lesewand am Katholischen Stadthaus in der Innenstadt.

Es ist eine Art hochmoderner Comic, eine Graphic Novel, zur Stadt- und Kirchengeschichte. Am heutigen Samstag kommt eine Gruppe von Frauen aus ganz NRW, die der altkatholischen Kirche angehören, um sich die außergewöhnliche Installation erläutern zu lassen. Angeführt wird sie von Charlotte Methuen, die an der Universität von Glasgow (Schottland) Kirchengeschichte und Theologie unterrichtet.

Gerhard Reinhold, der frühere Geschäftsführer des katholischen Gemeindeverbands, wird den AltKatholikinnen die Tafeln erläutern. Denn er hat sie gemeinsam mit einem Redaktionsteam zum Kulturhauptstadt-Jahr 2010 erarbeitet und schließlich anbringen lassen.

Die Wand erzählt nicht nur die Geschichte der katholischen Kirche, erklärt Reinhold. „Die Sponsoren, Sparkasse Bottrop und die Bottroper Bremer-Stiftung, haben gesagt, das könnte doch auch ökumenisch sein“, erinnert sich der Mit-Initiator. „Eigentlich hätten wir auch selbst auf die Idee kommen können.“ Nun zeigen die 80 Bild- und Texttafeln, wie sich katholisches und evangelisches Leben mit und in der Stadt entwickelt haben.

Zur Stadtgeschichte gehört auch der Name: Borthorpe – auch Bortorp geschrieben -- Dorf am Berg. Um 1092 taucht die Bezeichnung zum ersten Mal auf. Eine Handschrift aus dem Jahr 1150 erwähnt auch eine Kirche in Bottrop, die dem heiligen Diakon Cyriakus geweiht war. Es war, weiß Gerhard Reinhold, ein Rundbau. „Daraus entwickelte sich die heutige Kirche.“

Die Industrialisierung sorgte für einen gewaltigen Schub. Mit der ersten Abteufung 1856 sei die Bevölkerung geradezu explodiert, so Gerhard Reinhold. Kurz zuvor hatte der Ort noch 3200 Einwohner, 1890 waren es schon 12 500. Die Lesewand geht auch auf einen der ersten Protestanten hier ein, Bürgermeister Wilhelm Tourneau. Und mit großer Ehrlichkeit nehmen sich die Autoren der Tafeln auch eines für die katholische Kirche bitteren Themas an: des Missbrauchs von Kindern. Sie weiten den Blick, indem sie die Leser auch auf das Schicksal von Kindersoldaten und verarmten Kindern mitten unter uns hinweisen.

Religion, Stadtgeschichte, Verkündigung -- die Lesewand kann von all dem sehr viel erzählen.