Bottrop. . Wegen des schlechten Wetters verzögert sich die Matjes-Saison. Statt zum Monatsbeginn liegt der neue Jahresfang auch beim Fischgeschäft Krichel oder an der Fischtheke von Edeka Zurheide erst nach dem 19. Juni zum Kauf

Delikatessen schmecken ungemein delikat(er), wenn das Drumherum stimmt. Für Matjes-Liebhaber geht es dabei weniger um Kerzenlicht und Geigenklänge, die das Essen verschönern, als um pure Fischfangtradition. Wer Matjes isst, isst nur den echten – zur richtigen Zeit. Die richtige Zeit liegt übrigens Anfang Juni, genauer gesagt auf dem 5. Juni. Doch der neue Fang landet dieses Jahr etwas später in den Fischtheken. Schuld hat mal wieder: das kalte Wetter.

Matjes vom Vorjahr

„Nach dem 19. Juni gibt es bei uns den ‘richtigen’ Matjes“, sagt Donata Grömmke vom Fischgeschäft Krichel. Doch die Fischverkäuferin, die sich augenzwinkernd als „die gute rechte Hand vom Chef“ bezeichnet – gemeint ist Hans Krichel – hat bereits jetzt etwas anzubieten: „Bei uns gibt es derzeit noch den ‘VorMatjes’.“ Dabei handelt es sich um Matjes vom Vorjahr. Schlechter als der neue Fang, der bald mit traditionellen Zeremoniell im niederländischen Scheveningen dem gemeinem Volk angepriesen wird, ist der Vor-Matjes nicht. Und doch ist er im Sprachgebrauch und nach dem Gefühl vieler Kunden eben nicht der richtige. Damit zum verzögerten Saisonstart auch wirklich nicht nur einfach

Das sollte man wissen: Kleines Matjes-Lexikon

Jeder Matjes ist ein Hering. Aber nicht jeder Hering wird automatisch zum Matjes.

Klassischerweise werden die Heringe nach dem Fang in den Monaten Mai, Juni und Juli zum Matjes veredelt.

Kiemen und Innereien werden entfernt. Man sagt, der Fisch wird „gekehlt“. Und er wird in Salzlake eingelegt.

Die Bauchspeicheldrüse verbleibt im Fisch, weil die darin enthaltenen Enzyme das frische Fischfleisch den zarten Matjes reifen lasse.

der richtige, sondern auch der geschmacklich beste Matjes bei Krichel landet, entsendet das Fischgeschäft wie in den Jahren zuvor geübte Tester. Insgesamt können sich 50 Kunden bei Krichel bewerben und am 19. Juni mit nach Scheveningen fahren, wo dann erstmals Fässchen voller gesalzenem Fisch des neuen Fangs zu kaufen und kosten sind. Den ersten Matjes darf traditionell das Königshaus probieren, doch dann darf der normale Fischgenießer ran. 54 Rassen gibt es. Vier verschiedene Qualitätsstufen werden hergestellt. Doch Krichels Kunden fahren nicht nur mit, weiß Grömmke, „die Kunden suchen dann vor Ort den besten Fisch aus und der, der die höchste Punktzahl erreicht, den gibt dann den Rest des Jahres bei uns zu kaufen.“ Noch sind Restplätze frei – wer mit testen will muss sich bloß in eine Liste eintragen.

Auch die Fischtheke von Edeka Zurheide wartet nur darauf dem neuen Matjes-Fang Platz zu machen. Anbieten will man ein milde Variante, genannt „Primtjes“, dann die etwas größere, bissfestere und salzigere Gourmet-Variante, den „Hanse-Matjes“, sowie eingelegte Matjes-Variationen – nach Hausfrauenart mit Zwiebeln, geräuchert oder sogar mit Bärlauch.

Dass die Matjes-Saison verzögert startet, geschieht übrigens zum zweiten Mal in der Geschichte. Bereits 2006 waren die Fische zum angepeilten Traditionstermin einfach noch zu klein, um sie zu fangen.