Bottrop. . Der Städtische Musikverein führt am Sonntag fast Unbekanntes von Beethoven und Schumann auf. Die älteste Sängerin und der dienstälteste Sänger sprechen über ihre persönliche Chor-Geschichte.
Ein Traditionsensemble sicherlich - aber verkrustet? Nein. Auch wenn der Städtische Musikverein mittlerweile 95 Jahre auch dem Buckel hat - und die älteste aktive Sängerin bereits stolze 84 Lenze zählt - fördert der Chor unter seinem langjährigen Leiter Friedrich Storfinger immer wieder auch Unbekanntes aus der Musikgeschichte zu Tage. So auch beim großen Chor- und Orchesterkonzert am Sonntagabend im Lichthof des Berufskollegs.
Vorzeigechor der Stadt
Dann erklingen nämlich Raritäten wie Beethovens „Der glorreiche Augenblick“ und Robert Schumanns „Des Sängers Fluch“. Ein Titel, der sich allerdings nicht bewahrheiten dürfte, liegt die Partitur doch durchaus im Bereich des Machbaren für eine knapp 60-köpfige Sängerformation, in der auch das altersmäßige Mittelfeld noch gut vertreten ist und die auch über eine ganze Anzahl von Sängern unter 25 Jahren verfügt.
Für Karin Opitz, mit 84 Jahren die Alterspräsidentin des Musikvereins, auch ein Grund, noch aktiv dabei zu sein. Zwar singt sie jetzt im Tenor - die Stimme wurde eben mit dem Alter tiefer. „Aber so lange sie mich nicht rauswerfen . . .“. Die Kirchenmusikerin, die in München studierte, wo ihr Großvater noch von Josef Rheinberger unterrichtet wurde, dessen Kompositionen im Musikvereins-Repertoire gut vertreten sind, achtet auf Qualität. „Als ich vor Jahren nach der Pensionierung von Eiderstedt nach Bottrop kam, suchte ich einen Chor, der meine Vorstellung von Qualität entsprach“, erinnert sich die Musikerin, die immer noch Orgelvertretungen in den evangelischen Kirchen spielt. Aber sie singe „katholisch“, das heißt im Chor von Liebfrauen, den Friedrich Storfinger ebenfalls dirigiert, und dessen Chorleitung sie auch als Profi - und Tochter des früheren Generalmusikdirektors von Flensburg - äußerst schätzt.
Bernhard Hagemeister (geboren 1938), mittlerweile dienstältester Sänger, begann seine Musikverein-Karriere noch unter dem legendären Franz Switing, der den Chor über 40 Jahre lang leitete. „Bachs Weihnachtsoratorium 1964 war mein erstes Musikverein-Konzert“, erinnert sich der Apotheker, dessen Mutter 1950 nach dem Umzug nach Bottrop bereits Mitglied im städtischen Vorzeigechor geworden war. Auch für ihn sei damals nur der Musikverein in Frage gekommen.
Es ist sicherlich auch die Mischung zwischen geistlichem und weltlichem Repertoire, die den Chor bis heute attraktiv macht. Und wer regelmäßig mit Gleichgesinnten die großen Werke mit Solisten und Orchester einstudieren möchte, ist im Musikverein an der richtigen Adresse.