Bottrop. . Pferdefleisch in Fertigprodukten. Eier, die falsch deklariert sind. Die Skandale in der Lebensmittelbranche sorgen dafür, dass immer weniger Verbraucher vertrauen. Der Handel sieht sich oftmals ebenso machtlos gegenüber kriminellen Machenschaften.

Christiane Kunzel von der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen will eines direkt klarstellen: „Es ist kein reiner Bio-Eier-Skandal, die konventionellen Betriebe sind genauso betroffen.“ Dass die Haltungsformen in den etwa 200 Betrieben unzulässig seien, liege dem Landschaftsministerium Hannover bereits seit Oktober 2011 vor. Die Einführung besserer Überwachsungsmaßnahmen sei jedoch erst im Sommer 2012 erfolgt – „allein das ist ein Skandal“, so eine Mitteilung der Verbraucherzentrale NRW. Viele Verbraucher sind durch die Lebensmittelskandale verunsichert. Christiane Kunzel kann für den Moment aber Entwarnung geben: „Die Verbraucher wurden in der Vergangenheit betrogen. Aktuell sind aber keine dieser Eier im Umlauf.“

Handel hätte es nicht verhindern können

Ernährungsberaterin Regine Feikus aus Bottrop empfiehlt, weiterhin Bio-Produkte zu kaufen. Die Tierhaltung sei bei den meisten Bio-Betrieben artgerechter angelegt als bei konventionellen Produzenten. Inwiefern Händler in der Verantwortung stünden, sei fraglich. „Derjenige, der die Ware verkauft, ist natürlich auch verantwortlich – aber diesen Skandal hätte der Handel nicht verhindern können“, meint Christiane Kunzel.

Auch Heinz Zurheide, Inhaber von sieben Edeka-Filialen, sieht das Gewerbe gegenüber solchen „kriminellen Machenschaften“ machtlos. „Früher hätte ich gesagt, das kann bei mir nie passieren – heute denke ich anders.“ Bei ihm stehe bisher zum Glück kein Produzent unter Verdacht. „Aber bei Millionen von Stückzahlen ist es ungemein schwierig alles nachzuhalten.“ Vertrauen zu den langjährigen Vertragspartnern sei da, so Zurheide, schon eine wichtige Basis. Vertrauen müssten allerdings auch die Kunden wieder fassen können. In den Zurheide-Filialen fragen derzeit vermehrt Kunden nach der Herkunft der Lebensmittel. „Ich kann da ruhigen Gewissens Auskunft geben, die Sorge ist ja auch berechtigt“, sagt Heinz Zurheide.

Zu der großen Frage, wie die Lebensmittelindustrie zukünftig nachhaltiger kontrolliert werden könne, meint Zurheide: „Kriminelle Energie lässt sich so einfach nicht stoppen – da helfen die strengsten Gesetze nicht.“ Zudem endeten solche Maßnahmen stets beim Kunden: Je mehr Kontrollen und Optimierungen eingeführt würden, desto höher sei nun mal der Preis. Und dies sei gerade in Deutschland mit einer ausgeprägten „Geiz-ist-geil-Mentalität“ schwer durchsetzbar, ist Zurheide sicher. Fehler im System sieht auch Verbraucherschützerin Christiane Kunzel: „Es wird nicht unbedingt zu selten kontrolliert, sondern schlichtweg falsch.“ Massenbetriebe mit über 3000 Tieren könnten oftmals nicht mehr fehlerlos überprüft werden. „Das Problem ist, dass die Kontrolleure für die Ermittlung der Hühnerzahl auf Unterlagen der Betriebe angewiesen sind“, so Christiane Kunzel.

Zurück zu Omas Traditionen

Für Ernährungsberaterin Regine Feikus ist das Besinnen auf saisonale Gerichte ein Schritt in die richtige Richtung. „Produkte, die zu jeder Zeit verfügbar sind, verursachen Probleme.“ Hohe Transportkosten und Umweltbelastungen seien die Folge. „Zurück zu Omas Traditionen“, empfiehlt sie. Nur am Wochenende Fleisch und unter der Woche mehr Rohkost essen. Das sei gesünder und gut fürs Gewissen.