Essen. Reumütig zeigt er sich, bittet das Opfer seines Tankstellenraubes in Bottrop um Entschuldigung. Mit dreieinhalb Jahren Haft bekommt der 30-Jährige vor der XVI. Essener Strafkammer tatsächlich ein vergleichsweise mildes Urteil. Ausdrücklich erkennt das Gericht seine starke Heroinsucht an und weist ihn zur Therapie in eine Entziehungsanstalt ein.

So einsichtig und sanft wirkt Vyacheslav D., dass man sich kaum vorstellen mag, wie er als Räuber auftritt. Erst in einer Pause, als er mit Lebensgefährtin und Kind im Saal zusammenkommen möchte, zeigt er seine andere Seite. Da wird er bestimmender, als der Justizwachtmeister engen Kontakt untersagt.

Auch die Anklage und das Opfer beschreiben ihn als durchsetzungsfähigen Mann. Am 27. Dezember 2011 radelte er zur Aral-Tankstelle am Ostring. Um 18.20 Uhr zog er sich eine Sturmhaube über und bedrohte die Kassiererin mit einer Schusswaffe. „Los“, rief er, „Tresorschlüssel her oder ich schieße“. Sie habe die Schlüssel nicht, entgegnete sie, dennoch wiederholte er seine Forderung zweimal. Schließlich gab er sich mit dem Kasseninhalt von rund 900 Euro zufrieden. Außerdem ließ er sich noch 18 Schachteln Zigaretten in seine Tüte packen. Auf der Flucht mit seinem Rad bemerkt er einen Polizeiwagen, fährt schnell in eine Seitenstraße, sucht zu Fuß das Weite. DNA-Spuren an den Griffen des Lenkers seines Fahrrades verraten ihn. Ein halbes Jahr nach dem Überfall nimmt die Polizei ihn fest.

Er habe die Tat nicht lange vorher geplant, gibt er vor Gericht an. Aber ihm habe das Geld für Heroin gefehlt, die Angst vor dem Entzug sei groß geworden. Psychiaterin Marianne Miller betont, dass Heroinentzug tatsächlich schwer sei. Erst einen Monat vor der Tat war er nach kurzer Haft entlassen worden. Dort hatten die Ärzte den Entzugsdruck durch Ersatzdrogen gemindert. Ohne diese Hilfe habe er auf der Straße gestanden und sei zu Heroin zurückgekehrt. Das Gericht sah das ähnlich. Richter Martin Hahnemann: „Auch die Justiz hat ihn sehenden Auges in die Situation getrieben.“