Als der Bundespräsident um 16.05 Uhr in seine Limousine steigt, steht Marco Kronenberg noch immer wie abwesend vor seinem Haus in Welheim. Er guckt ungläubig der Wagenkolonne nach. Er kann das alles noch immer nicht glauben. „Ich bin dabei zu überlegen, was da gerade passiert ist“, sagt er wie aus einem Traum gerissen. Vor zwei, drei Minuten saß der erste Mann im Staat bei den Kronenbergs am Küchentisch und hat ein Glas Wasser getrunken. „Er saß da, so, wie wir sonst auch am Küchentisch sitzen. Ich bin so was von begeistert von dem Mann, das ist so unglaublich“, erzählt der Welheimer anschließend. „Aber fragen Sie mich nicht, was er gesagt hat. Ich glaub’, da müssen Sie bis morgen warten, bis ich das alles sortiert hab’.“
Nachbarn freuen sich mit
Marco Kronenberg hat gerade eines der Erlebnisse seines Lebens hinter sich. Joachim Gauck, der Bundespräsident, hat bei seinem offiziellen Antrittsbesuch in Nordrhein-Westfalen Station in Bottrop gemacht und auch die Gartenstadt Welheim besucht. Und ausgerechnet bei Marco und Tanja Kronenberg ist er ‘rein. Und die ganze Nachbarschaft stand auf der Straße und hat sich mitgefreut. Viele haben die Deutschland-Fahnen von der letzten Fußball-WM mitgebracht.
Die Macher des Klimaschutz-Modellprojekts Innovation City haben die Kronenbergs für diesen Besuch gewonnen, weiß Rüdiger Schumann, Leiter für Marketing, weil die ihr schmuckes, liebevoll dekoriertes Siedlungshaus gerade energetisch mit Innovation City sanieren. Ein Vorzeige-Vorhaben also. Wie gemacht für den hohen Besuch. Und der war davon, von ganz Bottrop, sehr offensichtlich mehr als angetan. „Ich bin total begeistert“, sagt er der WAZ und strahlt dabei eine Freude aus, die ansteckt. „Nicht nur von der Siedlung, auch von dem Geist hier, das: Wir packen etwas an. Das hat mich total begeistert. Das und auch: Was zu Ende geht, wird abgelöst. Das macht Mut.“
Sagt es und geht schnellen Schrittes auf die wartenden Menschen am Straßenrand zu. Er schüttelt bestens gelaunt Hände, lässt sich unzählige Male fotografieren, spricht hier und da ein paar Worte. Und dann bahnt sich der achtjährige Fatih Bekar mutig einen Weg durch die Menge, geht schnurstracks auf den Bundespräsidenten zu. Und seine Mutter Semra Bekar, deren Familie vor 42 Jahren aus der Türkei nach Bottrop kam, sagt ihm sofort, was sie empfindet: „In Bottrop gibt es nicht nur Innovation, hier klappt das auch gut mit der Integration.“ Ein Satz, der in diesen historischen Tag für die Stadt passt. Und kein PR-Profi hat sich den ausgedacht, er stammt mitten aus dem Leben.
Und es ist ein Satz, der auch das Herz des Oberbürgermeisters Bernd Tischler wärmt. „Das hört man als Oberbürgermeister gerne“, sagt er später, als all der Trubel – mit Bravour – absolviert ist. Ein aufregender Tag. Aber einer, an dem Bottrop dem ganzen Land zeigen konnte, dass es beides kann: alte Industrie und Innovation, Kohle und Energiewende. Und Marco und Tanja Kronenberg standen mittendrin.