Was einst unter die geschützte Privatsphäre fiel, wird heute im Netz veröffentlicht. Nicht selten sind Menschen dabei leichtsinnig. Das hat Folgen.
Was vor nicht allzu langer Zeit ganz selbstverständlich unter die schützenswerte Privatsphäre fiel, wird heute im Internet öffentlich gemacht und nicht selten leichtfertig preisgegeben. Wer hätte früher schon sein Fotoalbum auf der Straße liegen lassen, so dass jeder einen Blick hineinwerfen kann? Heute führen zum Beispiel stolze Väter in YouTube-Videos die Regie - von der unassistierten Hausgeburt über den ersten Kindergeburtstag - und möchten teilhaben lassen. Kommentare erwünscht! Nicht selten sind Online-Verleumdung oder Cyber-Mobbing die Folge.
Medienkompetenz
Vor dem Hintergrund dieser neuen Medienwirklichkeit kamen jetzt Fachkräfte aus Bildungseinrichtungen zu einer Konferenz zusammen, eingeladen von der Stadt und verschiedenen anderen öffentlichen Einrichtungen. Es ging um Medienkompetenz: „Der Umgang mit den Risiken im Internet“.
Ich bin öffentlich ganz privat! Das scheint das Motto der Generation zu sein, die das Web 2.0 nutzt und gestaltet, die sich im Internet produziert, scheinbar ohne zu verstehen, was es bedeuten kann, sich im Netz zu präsentieren. „Während einerseits das Thema Datenschutz und Persönlichkeitsrechte in aller Munde ist, und die Entrüstung über Vorratsdatenspeicherung, Datenklau und Mitarbeiterüberwachung groß ist, lässt sich inzwischen beobachten, wie sich ein beachtlicher Teil auch der erwachsenen Bevölkerung im World Wide Web zur Schau stellt, wie leichtfertig heute vieles preisgegeben wird“, sagte Wolfgang Wuwer, Pädagogischer Mitarbeiter im Regionalen Bildungsbüro.
Dr. Frank Schulte, Diplom-Pädagoge an der Universität Duisburg-Essen, machte in seinem Vortrag t deutlich, welche Vorstellungen Jugendliche von Privatsphäre in Sozialen Netzwerken haben. „Wo, wie und vor allem welche Daten erfasst werden, muss von einem Durchschnitts-User zunächst einmal verstanden werden, und die praktische Umsetzung des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung gestaltet sich in der Regel auch schwierig.“ Ein Großteil der Nutzer - Kinder und Jugendliche - gingen mit einer gewissen Naivität vor, wähnen sie sich doch im Kreis ihrer Community in einem geschlossenen, geschützten Bereich.
„Dabei sind Spuren im Netz vergleichbar mit einem Tattoo, das in gewissen Lebensphasen passt, in anderen jedoch geradezu stört.“ Der Mensch verändere sich, und es gebe Dinge, an die man sich nicht mehr erinnern möchte. Es sei ratsam, einen Moment lang inne zu halten und nachzudenken, bevor etwas ins Internet gestellt wird. „Kinder und Jugendliche erlernen den Umgang mit Medien sinnvoll durch Vorbild und Anleitung von Erwachsenen.“ Je jünger die Sprösslinge, desto mehr Kontrolle benötigten sie. Je älter die Jugendlichen werden, desto mehr Freiraum und Vertrauen brauchten sie. Süchtig, so glaubt Schulte, machen Medien nur dann, wenn Kindern und Jugendlichen die Anerkennung verwehrt werde.