Bottrop.

Allerheiligen gegen Halloween? Schlägt der Reformationstag Allerseelen? Schwer zu sagen, welcher dieser Tage mehr Bottroper auf die Beine bringt. Viele Menschen jenseits der 50 werden mit kommerzialisierten Gruselparty-Events nichts am Hut haben. Oft ist zu hören, das gehöre doch nicht zu unserer Kultur, ist doch amerikanisch. Aber Jüngere haben zu Heiligen bekanntlich eher selten einen heißen Draht. Partys sind angesagter.

Feiertag seit 1100 Jahren

Zu Allerheiligen sind die Kirchen oft gut besucht, die Friedhöfe auf jeden Fall. Der Gang zu den Gräbern gehört dazu. Tradition. Immerhin seit über 1100 Jahren. Damals führt die Kirche das Fest Allerheiligen ein. Seit 835 wird am 1. November der Gesamtheit der Heiligen gedacht. In Rom gab es diese Tradition schon früher, spätestens seit der Umwidmung des heidnischen Pantheons zur Kirche der Gottesmutter und aller Martyrer.

Und Allerseelen? Der 2. November steht schon länger im Schatten von Allerheiligen. Für viele endet das Totengedenken dann auch mit der Blumen und Kerzen auf dem Friedhof am Vorabend dieses Gedenktages. Den hatten einst die Mönche aus dem französischen Vorzeigekloster Cluny über das Abendland verbreitet.

Die frommen Männer machten aus dem Totenkult mit unzähligen Seelenmessen ihm wahrsten Sinne des Wortes ihre Lebensaufgabe - und legten so auch den Grundstein zur quantitativen Übersteigerung. Hunderte von Seelenmessen - oft an einem einzigen Tag von 50 und mehr Priestern in einer Kirche gelesen - führten zur Inflation. Neben dem wuchernden Ablasshandel auch ein Kritikpunkt Luthers.

Auch der Reformationstag soll an dieser Stelle nicht untergehen. Denn Martin Luther schlug seine 95 Thesen am Vorabend des Allerheiligenfestes an die berühmten Türen der Wittenberger Schlosskirche, was Historiker heute anzweifeln. Übrigens: den Allerseelenablass für die Verstorbenen gibt es immer noch in der katholischen Kirche - allerdings nicht für Geld, sondern für die berühmten frommen Werke, also Gebet und Friedhofsbesuch. Geht also auch besser . . .

Für Generationen vor uns war das alles unumstößlich und fester Brauch. So berichtete die Bottroper WAZ im November 1966 von uralten Totenbräuchen. Man spannte das Pferd vor dem Friedhof aus und zog den Sarg vorn über die Deichsel, damit der Tote nicht zurückkehrt. Oder man versuchte durch lautes Schreien, die Seele zu verscheuchen. Die Angst vor Tod und Hölle war gegenwärtig.

Jetzt kommt doch noch Halloween ins Spiel. Ein alter irischer Brauch zwischen Heidentum Christentum, an dem man durch Lärm die bösen Geister vertreiben wollte. Ein Schicksal, dass heute eher Nachbarn trifft, wenn die Party nicht gleich im Club steigt.

In allen katholischen Kirchen finden am 1. und 2. November Heilige Messen statt. Am Reformationstag sind um 18 Gottesdienste in der Martinskirche (City) und in der Paul Gerhardt-Kirche Boy, in der ev. Kirche Eigen bereits um 15 Uhr.

Ein Konzert mit dem Kammerchor IncantaRE findet am 1. November um 18 Uhr in der Kapelle des Parkfriedhofs statt.