Bottrop.

„Uns ist es wichtig, auf das Diskussions-Defizit beim Thema Schulentwicklung hinzuweisen“, erklärte Jens Friedemann von der FDP am Infostand seiner Partei am Samstag, „denn dieses Thema geht uns alle an, es geht um die Zukunft unserer Gesellschaft.“ Hintergrund der Informations-Aktion am Altmarkt war der aktuelle Entwurf zum Schulentwicklungsplan, der mit Hilfe eines im Auftrag des Rates erhobenen Gutachtens erstellt wurde.

Klebepunkte für jede Stimme

Die darin ausgesprochene Empfehlung, der demografischen Entwicklung mit der Umwandlung sämtlicher Bottroper Haupt- und Realschulen in Sekundarschulen zu begegnen, stößt bei den Liberalen auf Protest. „Wir fürchten, dass vor allem die Bedürfnisse der Hauptschüler auf der Strecke bleiben könnten. Die ständige Überforderung könnte viele Schulverweigerer zur Folge haben“, formulierte Jens Friedemann, „und Lehrer an Hauptschulen brauchen ganz andere Qualifikationen als Realschullehrer.“

Außerdem hält Friedemann im Falle der ausschließlichen Einrichtung von Sekundarschulen in Bottrop eine Schulpendler-Welle für wahrscheinlich: „Viele Eltern werden ihre Kinder dann wohl auf Realschulen in umliegenden Städten wie Dorsten schicken. Derzeit gibt es keine Basis, um den Elternwillen mit dem Gedanken einer Sekundarschule abzugleichen, auch weil ein großes Informationsdefizit herrscht.“

Und den Wunsch der Eltern in puncto Schulentwicklung nicht zu berücksichtigen, verstoße der FDP nach sogar gegen Landesrecht. „Wenn es so kommt, werden wir rechtlich dagegen vorgehen“, kündigte Friedemann an. Seine Partei sorge sich letztlich um die Vereinheitlichung aller Schulformen: „Dies ist nur ein erster Schritt einer Salamitaktik der Landesregierung, von der in Zukunft auch das Gymnasium betroffen sein könnte.“ FDP-Vorsitzender Andreas Bucksteeg ergänzte: „Und wer will schon den Einheitsbrei?“

In der Diskussion mit den Bürgern zeichnete sich ab, dass die Mehrheit für einen Erhalt der Haupt- und Realschulen stimmen würde – abzulesen an einer durch die FDP-Mitglieder geführten Tafel mit Klebepunkten für jede Bürgerstimme. Gegenmeinungen wie die von Werner Rominski, Berufsschullehrer, und Maria Reidick-Rominski, Pädagogin, heizten die Diskussion jedoch an: „Bei der aktuell absehbaren Entwicklung wird die Hauptschule kaum überlebensfähig sein“, ist sich das Paar sicher. „Wenn die Lehrer an Sekundarschulen bessere und speziellere Ausbildungen erhielten und auch die Struktur angepasst würde, könnte eine Sekundarschule ein wertvoller Partner für eine Berufsschule werden“, meint Werner Rominski.