Ein Stadtteil arbeitet sich hoch: Die Boy hat mit einem verkaufsoffenen Sonntag gestern versucht, dem Stadtteil zu noch mehr Attraktivität, zu noch mehr Leben zu verhelfen. Und viele Boyer machten mit, bummelten bei schönstem Herbstwetter, kauften ein oder hielten ein Schwätzchen mit den Nachbarn bei Kaffee und Kuchen oder Grillwurst. Das Umsatzmachen stand für die Geschäftsleute, die sich beteiligten, nicht an erster Stelle.
„Nein, ganz klar: Der Umsatz steht in der zweiten Reihe. Uns geht es vor allem darum, Präsenz zu zeigen, Werbung für uns zu machen, zu zeigen, dass die Boy lebt“, erklärt Stefanie Papierok, Inhaberin eines Schreibwaren-Geschäftes und Vorsitzende der IG Boy. Sie organisiert den verkaufsoffenen Sonntag. Nach der Dauerbaustelle wegen der Bahnhofsbrücke und der Straßensperrungen sei das auch dringend nötig, sagt sie. Die Geschäftsleute hätten gerade durch die Straßensperrungen erhebliche Einbußen erlitten. Seither gebe es etliche Leerstände. Daher wollten sie dem Stadtteil mit ihren Aktionen zu mehr Anziehungskraft verhelfen.
„Eigentlich war das eine einzige Dauerbaustelle, die sich über einen Zeitraum von rund acht Jahren hinzog“, erinnert sich Berthold Birkner, der früher für die SPD im Rat der Stadt saß und der die IG Boy gründete. Insgesamt sei politisch viel für die Boy erreicht worden, sagt er. Ende der 80er Jahre sei das noch ein Stadtteil gewesen, für den der Flächennutzungsplan ein OE ausgewiesen habe, die Buchstaben stehen für: Ohne Entwicklungspotenzial. Inzwischen seien viele junge Familien hergezogen, viele neue Wohnungen seien gebaut, Straßen modernisiert worden. Aber eines fehlt ihm wie auch Stefanie Papierok: Sie vermissen eine Gleichbehandlung mit der Innenstadt. „Dort gibt es drei verkaufsoffene Sonntage im Jahr, wir dürfen nur zwei machen.“ Gerecht sei das nicht.
Stephan Löpenhaus hingegen findet die Verkaufs-Sonntage grundsätzlich nicht so gut. Ein „langer“ Samstag bis 21 Uhr sei ihm lieber, sagt er. „Weil es besser für die Familien ist.“ Dennoch macht er mit und sein Glücksrad vor der Tür ist der Renner. Die Boyer stehen Schlange. Schließlich locken viele Preise.
Angetan von dem Sonntags-Angebot sind auch Maria Thiel und Inge Piontek. Sie wollen ein bisschen bummeln, ein bisschen kaufen. Ihren Stadtteil lieben sie, allerdings: „Ein paar Geschäfte fehlen hier noch“, finden sie. Alles für den täglichen Bedarf werde zwar gut abgedeckt, „aber Boutiquen, ein Schuhgeschäft, ‘was Edles, das fehlt“, sagen die beiden Damen.
Eine Einschätzung, die etliche schau- und kaufwillige Boyer, aber auch Geschäftsleute an diesem sonnigen Einkaufs-Sonntag teilen.