Viele Fragen bewegen die Leserinnen und Leser bei dem Thema Organ-Spende. Das wurde bei der Telefon-Aktion der WAZ mit vier Bottroper Chefärzten deutlich. Es gibt Unsicherheiten, Verunsicherungen und manchmal auch Vorbehalte. Aber es gibt auch Zustimmung, Leser, die sich klar für eine Spende entschieden haben und die ihre Gründe dafür mitteilten, die erklärten, warum es ihnen wichtig ist, nach dem eigenen Tod noch kranken Menschen helfen zu wollen. Rede und Antwort standen ihnen die vier Chefärzte: Professor Markus Hollenbeck, Klinik für Innere Medizin, Nephrologie, Rheumatologie, Intensivmedizin (Knappschaftskrankenhaus). Er hat die Woche zur Organspende organisiert. Mit dabei waren auch Dr. Reinhold Dux für die Neurologie (Knappschaftskrankenhaus), Dr. Peter Hügler für den Fachbereich Anästhesie, Intensivmedizin und Schmerztherapie, (Knappschaftskrankenhaus) und Dr. Michael Nosch, Klinik für Anästhesie, Intensivmedizin, Notfallmedizin und Schmerztherapie (Marienhospital).
Ununterbrochen klingelten ihre Telefone nicht, was die Chefärzte bedauerten. Doch sie nahmen es als Anregung, auch in Zukunft weiter über die Organspende zu informieren, weiter dafür zu werben, dass sich die Bürger mit dem Thema beschäftigen.
Und vielleicht können die Fragen der Leser auch dazu beitragen, manche Unsicherheit auszuräumen. So wollten mehrere Anrufer wissen, ob es eine Altersgrenze für eine Organspende gibt, wo die „Schallmauer“ liege, bei 70 oder 80 Jahren? „Es gibt keine Altersgrenze“, antwortete Markus Hollenbeck.
Andere Anrufer berührten die ethische Dimension des Themas, sie bewegte die Frage: Ist der Mensch „richtig“ tot, wenn der Hirntod festgestellt wird? Darauf gaben alle vier Chefärzte die ganz klare, eindeutige Antwort: Ja. „Man kann den Hirntod zweifelsfrei feststellen“, erläutert Dr. Reinhold Dux. Das geschehe nach dem „Vier-Augen-Prinzip“: „Zwei Ärzte, die nichts mit der Transplantation zu tun haben dürfen, die davon unabhängig sein müssen, nehmen die Untersuchung unabhängig von einander vor.“ Erst, wenn sie die Untersuchung abgeschlossen, wenn sie den Hirntod zweifelsfrei festgestellt haben, erst dann dürfe überhaupt an eine Transplantation von Organen gedacht werden.
Aber die Chefärzte wissen auch um die Schwierigkeit, die Angehörige mit der Diagnose „Hirntod“ manchmal haben. „Sie können den Toten ja noch berühren, er fühlt sich noch menschlich an.“ Aber es seien eben Geräte, die die „menschlichen Regungen“ ermöglichten, nicht mehr der Körper. Bei einem Hirntod, stellt Prof. Hollenbeck klar, sei das gesamte Gehirn irreparabel beschädigt.
Ein anderer Punkt wurde ebenfalls angesprochen: Erhalte ich auch dann die maximale Behandlung als Notfallpatient, wenn ich einen Organspende-Ausweis habe? „Absolut Ja“, erklärt Dr. Peter Hügler. „Der Ausweis hat gar keinen, wirklich gar keinen Einfluss auf die Behandlung.“
Andere Anrufer wollten wissen, ob auch jemand, der einen Tumor hat, Organspender sein kann. „Zwei Erkrankungen sprechen gegen eine Spende“, so Hollenbeck. „Aids und eine Tumorerkrankung.“ Aber Patienten, die Medikamente wie etwa ein Blutgerinnungsmittel einnehmen, können Organe spenden.
Ein Anrufer wollte wissen, ob sich Organspender irgendwo registrieren lassen müssten. „Nein“, klärt Dr. Michael Nosch auf. „Sie müssen aber Ihren Spender-Ausweis ausfüllen.“
Ältere Anrufer ermutigten die Chefärzte eindringlich, auch mit ihren Kindern und Enkeln über das Thema zu reden. „Sprechen Sie mit ihnen, raten Sie ihnen, sich zu entscheiden.“ Denn eine Erklärung zu Lebzeiten entlaste im Fall des Todes die Angehörigen. Sie müssten sonst eventuell zu einem Zeitpunkt, in dem sie vielleicht noch unter dem Schock der Todesnachricht stehen, für den Toten entscheiden. Eine nicht immer leichte Aufgabe.
Und die Chefärzte wiesen die Anrufer immer wieder darauf hin, dass eine Spende das Leben eines Kranken, der meist viele Jahre unter großen gesundheitlichen Problemen leide, unermesslich erleichtern, manchmal gar retten kann. „Für sie ist ein Spender-Organ ein Segen.“