Paul Döing und seine Gruppe „Jankele“ überschreiben ihr neues Programm mit „Mir sejnen do – trotz alledem“. Eine lebendige Geschichtslektion über internationales Judentum und deutschen Antisemitismus.
Schofar, Kaitros, Newel, Kinnor, Tof oder Halil – jüdische Streich-, Blas- und Percussionsinstrumente. Wenn es um originale Musik dieser Religion und dieses Volkes geht, müssten sie eingesetzt werden. Doch Paul Döing und seine Gruppe „Jankele“, die im Hof Jünger bei guter Resonanz jüdische Musik als Beitrag zum internationalen Toleranzappell sangen und spielten, verzichten auf diese Authentizität. Bei dieser Formation rücken Gesang (Paul, auch Flöte, und Andrea Döing), Violine (Uta Oppermann) und Gitarre (Holger Schie und P. Döing) in den Vordergrund. Beim Gesprächskonzert kam es ebenso auf die Texte an, die Andrea und Paul Döing sprachen oder rezitierten: als lebendige Geschichtslektion über internationales Judentum und deutschen Antisemitismus, über Hass und Überleben, über Diffamierung, Tod und Widerstand.
„Mir sejnen do – trotz alledem“ überschreibt „Jankele“ dieses neue Programm, in dem dokumentiert wird, dass die Juden in fast allen Epochen dafür gestraft werden, weil sie Jesu Tod verursacht oder zumindest nicht verhindert haben sollen. Das sei der eine wichtige Grund gewesen, dass jüdische Mitbürger selbst in Weltstädten Schwierigkeiten hatten, ihre Identität nicht zu leugnen. Andere Ursachen, die Döing aus der Historie belegen kann, sind die bessere Schulbildung jüdischer Kinder, das Verbot, Obrigkeitsaufgaben in den Staaten zu übernehmen, oder im Judentum die Schuldigen für eine allgemeine Liberalität zu sehen. Die literarischen oder dokumentarischen Beispiele für diese Zuweisungen reichten von der Bibel über Mittelalter-Regeln bis zum Holocaust im 20. Jahrhundert. Erschütternd, wenn ein Mädchen von der Pogromnacht 1938 und der Nazi-Brutalität in Bottrop erzählt. Die Weltgeschichte wird auf die Weise plötzlich ganz nah, ungefiltert, realistisch.
In seiner typischen Art, Musik universell als vokale, instrumentale und tänzerische Kommunikation zu vermitteln, gewinnt Flötist, Sänger und Sprecher Paul Döing schnell Freunde. Er steigt mit viel Engagement in die Mythen, Anekdoten und Berichte dieser Volksvertreibung und Misstrauensphasen ein. Wenn er „Wir leben ewig“, ein Lied aus dem Ghetto von Vilna, oder die böse Botschaft von „Es brennt, Brüderle“ anstimmt, dann meint man, die Geschichte sei unmittelbare Gegenwart…
Viele bekannte Songs, aber auch etliche Raritäten stellt „Jankele“ in den zwei kurzweiligen Stunden vor. Der Gruppe geht es darum, mit leichtem anarchischen Anflug alle aufzufordern, Vorurteile in die Ecke zu verbannen.
Auf das sympathische Quartett prasselte viel Beifall herab.