Bottrop. . Dieter Schmidt erinnert sich noch ganz genau: “Es war ein Wochenende. Ich bin morgens aufgestanden und wusste: Da stimmt etwas nicht mit dir.“ Der kam als Notfall ins Krankenhaus - und die Diagnose: Lungenembolie. 1999 war das. Über Jahre musste er später zur Dialyse. Seit 2010 lebt er mit einer fremden Niere. Schmidt genießt die Zeit, die er gewonnen hat.

Die Diagnose war ein Schock: Lungenembolie. Das war 1999. Bis dahin war Dieter Schmidt ein kerngesunder Mann, trieb viel Sport, fühlte sich wohl „Ich hatte keine Probleme“, sagt der ruhig wirkende 72-jährige Bottroper. Doch dann, von einem Tag auf den anderen, wurde alles anders. „Ich weiß noch genau, wie das war: Es war ein Wochenende. Ich bin morgens aufgestanden und wusste: Da stimmt etwas nicht mit dir. Ich konnte mich kaum auf den Füßen halten.“

Er kam sofort als Notfall ins Marienhospital, wenig später ins Knappschaftskrankenhaus. Die Organe hatten versagt, die Niere arbeitete nicht mehr und erholte sich trotz ärztlicher Bemühungen nicht mehr. „Der Arzt sagte mir damals: In einem halben oder einem Jahr müssen Sie an die Dialyse.“

Die Entscheidung fiel schnell

Doch Dieter Schmidt hatte Glück, oder besser gesagt: Er hat dem Glück auch nachgeholfen – etwa durch besondere Ernährung. Damals, erzählt der frühere Ingenieur, habe das Nephrologische Zentrum am Knappschaftskrankenhaus einen Kochkurs angeboten, den hat er mit seiner Frau besucht und hilfreiche Tipps bekommen.

2008 jedoch musste Dieter Schmidt dann doch an die Blutwäsche-Maschine, drei Mal pro Woche. Schon damals wurde er mit einer für jeden gesunden Menschen erschreckenden Frage konfrontiert: „Bei der Dialyse fragte man, ob ich auf die Transplantations-Liste wolle“, erinnert sich der 72-Jährige. Für ihn stand schon damals fest: Ja, ich werde das machen. Und wenn man Dieter Schmidt zuhört, wird schnell deutlich: Mit dieser Entscheidung trug er sich wahrscheinlich nicht unnötig lange herum, der frühere Ingenieur ist ein Mann, der analytisch vorgeht, der gelernt hat, das Für und Wider abzuwägen und dann seine Entscheidung zu fällen.

Im März 2010 war es dann soweit: „Mittwochabend kam der Anruf. Ich wurde gefragt, ob ich innerhalb von einer Stunde in Essen, im Transplantationszentrum sein könnte.“ Als er ankam, war das Spender-Organ noch nicht da. Aber ein zweiter Patient. „Ich sollte die linke Niere bekommen, er die rechte.“ Von wem sie kam, das erfährt der Empfänger nicht. „Sicher hatte ich Bammel vor der Operation.“ Wer hätte den nicht. „Aber die Ärzte haben mich beruhigt.“ Dann habe die neue Niere von Anfang an gearbeitet.

Dieter Schmidt ist ein Mann, der sachlich erzählt, wie es ihm ergangen ist, der sachlich erklären kann, wie er alles durchgestanden hat. „Ich habe mir weniger Gedanken gemacht“, gesteht er. „Ich habe mich eben entschieden.“ Und kommen dem Vater zweier Töchter und vierfachen Großvater Zweifel, würde er sich wieder dafür entscheiden, alles auf sich zu nehmen, mit dem Organ eines Fremden im Körper weiterzuleben? „Ich mach mir weniger Gedanken“, sagt er sehr offen. „Ich empfinde große Dankbarkeit.“

Sicherlich, er sei körperlich eingeschränkter. Statt viel Sport fahre er nun „ein bisschen mit dem Elektro-Rad. Ich bin nicht mehr so belastbar.“ Aber was wiege das im Vergleich zu der Zeit, als er jede Woche dreimal für vier Stunden zur Dialyse musste. „Ich fühle mich morgens nicht mehr schlecht, habe mehr Freizeit. Ich kann Urlaub machen, ohne einen Dialyse-Arzt organisieren zu müssen.“

Keine Frage, Dieter Schmidt genießt die Zeit, die er gewonnen hat. „Das alles ist doch ein riesiger Vorteil.“ Und wenn er eines Tages vielleicht doch wieder zur Blutwäsche muss? „Dann hatte ich bis dahin einige Jahre mehr Lebensqualität.“