Bottrop.

Manche halten ihn für überschätzt, andere für genial und / oder leicht verrückt. Fest steht: An John Cage kommt jeder schwerlich vorbei, der sich mit zeitgenössischer Musik auseinander setzt. Das tat auch Brigitte Wiegmann. Die Bottroper Künstlerin und Kulturpreisträgerin von 1999 setzte sich lange mit dem amerikanischen Komponisten auseinander, dessen 100. Geburtstag die Musikwelt in diesem Jahr begeht. Nicht nur die Ruhrtriennale, setzte in der Bochumer Jahrhunderthalle einen Cage-Schwerpunkt, in dem sich sich dessen Mammutwerk „Europeras 1+2“ stellte, das noch einmal am 2. September zu sehen ist.

Von der Faszination der Linie

Die alte Domstadt Halberstadt in Sachsen-Anhalt widmet dem Komponisten sogar ein ganzes Festival - und lud Brigitte Wiegmann ein, in der dortigen Klaussynagoge, dem Sitz der Moses Mendelssohn Akademie, dort ihren Zyklus der John Cage-Bilder in einer Ausstellung zu präsentieren.

Wer diese Arbeiten, die bereits in den 90er Jahren entstanden, zum ersten Mal betrachtet, sieht sich mit einem Gewirr von Linien auf zart getöntem Untergrund ausgesetzt. Stift und Tuschpinsel waren dabei ihre „Instrumente“. Und das Thema Punkt und Linie - das sie seit dem Studium von Kandinskys theoretischem Werk „Punkt und Linie zur Fläche“ immer wieder faszinierte - wird in diesem Zyklus in all seinen Variationen durchgespielt.

Es seien eher nicht die Elemente von Auflösung oder Dekonstruktion und Zusammensetzung, die sie bei Cage faszinierten, so Brigitte Wiegmann. Eigentlich habe sie immer wieder dessen Humor und vor allem die gegensätzlichen Klangwelten dieser Musik fasziniert. Zum Teil mit beiden Händen gemalt, während die Musik lief: Zumindest in dieser Serie - zu der auch andere „Musik-Bilder“, inspiriert beispielsweise von György Ligeti, Hans Zender oder einem ihrer Favoriten Bach zählen - arbeitet sie spontan. Die großen Cage-Bilder sind alle an einem Tag entstanden. Es gebe da kein Nacharbeiten, das ginge gar nicht. Nur inhaltlich müsse sie dabei besonders gut vorbereitet sein. Andere Arbeiten oder Werkserien - wie ihre Farbflächen, mit denen Brigitte Wiegmann sich derzeit auseinandersetzt - stehen für eine anders geartete, technisch stringent konzipierte und minutiös geplante Arbeitsweise.

38 Großformate und einige kleinere Arbeiten befinden sich jetzt schon auf dem Weg gen Osten. Für Brigitte Wiegmann ist aber auch der Zusammenhang ungeheuer spannend, in dem ihre Arbeiten gezeigt werden. Vom 5. bis 9. September findet in Halberstadt eine Fülle von Konzerten, Performances aber auch Installationen, Meisterkurse oder ein Gottesdienst statt, in dem Cages Werk „Credo in Us“ im Mittelpunkt steht.Bekannt ist die Stadt auch durch Cages Komposition „As slow as possible“, dem auf 639 Jahre angelegten Werk, dessen Ton nur alle paar Jahre wechselt. 1987 schrieb es der Essener Orgelprofessor und Komponist Gerd Zacher für Orgel um. Seither klingt es in der Halber-städter Burchardi-Kirche, wo der nächste Tonwechsel am 5. Oktober 2013 zu erleben sein wird. Die dem Gottesdienst entzogene Kirche wurde dadurch weltberühmt.

Nur Einzelausstellungen

Aber nicht nur in diesem Kontext ist es spannend, die unterschiedlichen Facetten der Künstlerin Brigitte Wiegmann zu entdecken. Auch in der Stadt oder der Region dürfte es durchaus wieder einmal eine größere Begegnung mit dem Werk der Kulturpreisträgerin geben, die außer dem Düsseldorfer „Malkasten“ keinem anderen Verein angehört. Ein wenig klingt das nach Maxime oder Grundhaltung, ebenso wie ihre Aussage, „grundsätzlich nur Einzelausstellungen zu machen“. Warum eigentlich nicht . . .