Bottrop. . „Unsere Stadt wird mit diesem Sparpaket nicht kaputt gespart“, versicherte Oberbürgermeister Bernd Tischler während der Bürgerversammlung zum Haushaltssanierungsplan. Unermüdlich beteuert der Oberbürgermeister: „Wir lösen die soziale, kulturelle und sportliche Infrastruktur der Stadt Bottrop nicht auf“.

Welch ein Bild bot sich den gut 200 Bürgerinnen und Bürgern im Saalbau während der Bürgerversammlung über den Finanzpakt. Da saß ihnen Oberbürgermeister Bernd Tischler zeitweilig mutterseelenallein auf dem Podium gegenüber - als wäre er ein einsamer Rufer in der Wüste? Die Bühnenstrahler leuchteten ihm ihr gleißendes Licht ins Gesicht. Tischler benutzte sein Redemanuskript als Fächer und wedelte sich damit in dem aufgeheizten Saal ein wenig Luft zu.

Soeben hatte der Oberbürgermeister die Botschaft verkündet, die ihm die wichtigste ist. „Unsere Stadt wird mit diesem Sparpaket nicht kaputt gespart“, versicherte er. Tischler scheint zu ahnen, dass sich vor lauter Finanzdebatten und Einsparvorschlägen ein falsches Bild in den Köpfen der Menschen zu verfestigen beginnt. Unermüdlich beteuert der Oberbürgermeister daher in Gesprächen mit Bürgern und Politikern: „Wir lösen die soziale, kulturelle und sportliche Infrastruktur der Stadt Bottrop nicht auf“.

Schulden, um Zinsen zu zahlen

Die Stadt müsse ihre Leistungen ihren finanziellen Möglichkeiten anpassen, erklärte Tischler. „Dennoch wird es weiterhin die Stadtranderholung, den Rollmobs, den Kinderferienzirkus, die Kulturwerkstatt, die Jugendmusikschule, das Quadrat und ein gutes Sportstättenangebot geben“, beteuerte er.

Um 96 Millionen Euro werde die Stadt in den kommenden zehn Jahren ihr Defizit verringern. Mit 60 Millionen Euro helfe das Land in diesem Zeitraum mit zu verhindern, dass die Schere zwischen den Einnahmen und Ausgaben der Stadt immer weiter werde. „Wir können nicht mehr über das Ob dieser Einsparziele diskutieren, sondern nur über das Wie“, sagte Stadtkämmerer Willi Loeven.

Die Stadt müsse wegen ihrer hohen Verschuldung neue Schulden machen, allein um die Zinsen für die alten Schulden aufzubringen, erklärte Loeven. Jeden Monat überziehe die Stadt um 2,2 Millionen Euro ihr Konto. Sie nehme jeden Tag 72 000 Euro neue Kredite auf, das sind fast 3000 Euro pro Stunde.

In die Hände Fremder

Aus den Statistiken und Tabellen, die der Kämmerer während der Bürgerversammlung präsentierte, geht hervor, dass die Stadt in diesem Jahr mit 318,7 Millionen Euro in der Kreide stehen wird. Davon braucht sie 212,4 Millionen Euro, allein um liquide zu bleiben. Ohne Teilnahme an dem Finanzpakt würden ihre Verbindlichkeiten bis auf 578,5 Millionen Euro im Jahr 2022 anwachsen. Allein die Kassenkredite, mit denen sich die Stadt bei ihren laufenden Kosten über Wasser hält, würden sich dann auf 345,5 Millionen Euro auftürmen.

Das hätte zur Folge, dass sich die Stadt einem „Spardiktat“ unterwerfen müsste, wie es Oberbürgermeister Tischler formulierte. Sie könne dann nicht mehr in ihre Zukunft investieren. „Das hätte zur Folge, dass wir unser Schicksal in die Hände Fremder legen“, sagte der Oberbürgermeister. Letztlich würde dann ja ein Sparbeauftragter des Landes die Stadt lenken. „Das will ich nicht“, sagte Tischler. „Ich will nicht, dass Bottrop auf der Intensivstation liegt und um das Überleben kämpft, und das mit ungewissem Ausgang“, betonte er. „Wir wollen jetzt handeln und unser Schicksal in die eigenen Hände nehmen, damit wir nicht mehr Bittsteller sind“, sagte er.

So allein wie auf dem Podium blieb der Oberbürgermeister danach auch nicht mehr lange. Weiter hinten im Saal wartete Kämmerer Willi Loeven mit Mitarbeitern der Stadt darauf, mit den Bürgerinnen und Bürgern über die Sparpläne im Einzelnen zu diskutieren.