Bottrop. Es geht nicht darum, Eigentümer zu gängeln, sondern gemeinsam Lösungen zu entwickeln, in denen Denkmalschutz, private Nutzung und Erscheinungsbild der Stadt auf einen Nennern gebracht werden. Die Denkmalschützer Angela Nohner und Thorsten Kastrup im Interview.
Josef Franke, Theo Althoff, Rudolf Schwarz oder der frühere Stadtbaumeister Bernhard Küppers: Sie gehören neben anderen bis heute zu den herausragenden Architekten, deren Arbeiten das Stadtbild prägen. Dabei war die Zeit nach der Stadterhebung 1919 aus Sicht des Denkmalschutzes eine der fruchtbarsten Epochen. Damals entstand das, was heute als „Verwaltungscity“ in dieser Geschlossenheit im Ruhrgebiet als einmalig gelten kann. Manches aus der Frühzeit vermissen wir heute schmerzlich, wie zum Beispiel die 1962 abgerissene Knippenburg. Kirchen, Wohnhäuser, Straßenzüge und ganze Siedlungen wurden seit den 1980er Jahren verstärkt in die Denkmalliste aufgenommen - manchmal auch gegen den Widerstand der Eigentümer. Über Stellenwert und Bedeutung des Denkmalschutzes in der Stadt sprach Dirk Aschendorf mit Thorsten Kastrup und Angela Nohner von der Unteren Denkmalbehörde.
Bei Bottrop denkt man nicht zuerst an bedeutende Baudenkmäler, am ehesten vielleicht an alte Herrensitze, wie die untergegangene Knippenburg, oder an Relikte aus der bäuerlichen Zeit. Ist das ein Vorurteil?
Thorsten Kastrup: Dahinter steht sicher eine bestimmte Vorstellung vieler Leute, was Geschichte und was historisch ist. Man sieht lieber Fachwerk oder den mittelalterlichen Rittersitz. Die Zeit der Industrialisierung klammert man gerne aus. Dabei stammt die große Masse der Bottroper Denkmäler gerade aus der Zeit.
Liegt der Schwerpunkt des Bottroper Denkmalschutzes eher auf ganzen Ensembles oder Einzelobjekten?
Angela Nohner: Die Siedlungen aus der Hochzeit der Industrie, wie Ebel oder Welheim spielen eine wichtige Rolle, für das gesamte Stadtbild und auch für den Denkmalschutz. Dort liegt auch ein wichtiges Potenzial der Stadt, denn Bereiche wie Welheim verfügen über eine hohe Wohnqualität für einen vergleichsweise günstigen Preis. In diesen Gartenstädten ist es ein wenig wie Wohnen am Park. Aber es wurden natürlich auch Straßenzüge auf die Denkmalliste gesetzt, die typisch für großbürgerliches Wohnen einer bestimmten Zeit sind, wie die Randebrockstraße mit ihren Villen, aber auch viele Häuser der 1920er und 1930er Jahre. Insgesamt unterliegen etwa 2000 Wohnungen in irgendeiner Form der Denkmalsatzung. Aber es gibt natürlich auch viele Einzelobjekte wie Kirchen, die alte Mühle, Haus Brabeck, Schloss Beck oder die Kaue von Prosper.
Manche Besitzer sehen den Denkmalschutz eher als staatliche Gängelei und Eingriff in ihr Eigentum: ein Vorurteil?
T.K.: Sicher gibt es ab und zu auch Interessenkonflikte, vor allem wenn es um eine neue Nutzung oder weitere Vermarktung denkmalgeschützter Bauten geht. Das haben wir so bei einer alten Villa an der Randebrockstraße erlebt, die zu Eigentumswohnungen umgebaut werden sollte. Es gibt auch Auswüchse in den denkmalgeschützen Industriesiedlungen. Da bieten wir aber auch spezielle Infoveranstaltungen an, wie demnächst zum Beispiel in Ebel. Wir wollen informieren über Materialien, Stil oder alte Techniken. Bauen am Denkmal ist in der Regel nicht mit Baumarktmaterial zu bewerkstelligen, muss aber auch nicht immer teurer sein, ist manchmal nur anders. Man muss vielleicht kreativer sein. Aber wie gesagt, wir helfen, wo es möglich ist.
Wie sieht das finanziell aus?
T.K.: Die Stadt kann und darf als Optionskommune keine Fördergelder mehr vergeben. Früher gab es einen städtischen Topf von 20 000 Mark. Jetzt laufen Fördergelder ausschließlich über das Land. Da arbeiten wir eng mit Münster zusammen, geben Empfehlungen, helfen auch bei Anträgen. Wir haben hier lediglich noch einen kleinen Etat von 3600 Euro für Pflichtaufgaben und kleinere Sofortmaßnahmen. Zurzeit wird sogar überprüft, ob man die alten farbigen Glasfenster im Rathaus sanieren kann und vor allem: darf.
Was sind die großen Aufgaben des Denkmalschutzes in den nächsten Jahren?
A. N.: Zunächst geht es vor allem darum, das Siedlungsbild zu erhalten, das so typisch ist für Bottrop. Dann müssen wir unbedingt mit dem Land die Sanierung des Turmes von Haus Brabeck hinbekommen, das durch sein Alter und die Verbindung zu Haus Beck wichtig ist für die Ortsgeschichte. Auch die Bedeutung der 50er-Jahre Architektur für das Stadtbild muss weiter herausgestellt werden. Wir denken da zum Beispiel an den Gleiwitzer Platz mit Commerzbankbau, Ruhrkohlehaus und gegenüberliegender Bebauung als Gesamtensemble. Und sicherlich wird der Saalbau als Küppers-Bau unter die Lupe genommen. Man wird sehen . . .