Das Jugendamt wird zukünftig bei Gefährdungen von Kindern oder Jugendlichen „in jedem Fall die Entscheidung des Familiengerichtes über einen Eingriff in die elterliche Sorge“ abwarten. Das teilte die Stadt dem Jugendhilfeausschuss mit.
„Der Dezernent hat angeordnet, dass in derartigen Fällen der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz noch strikter beachtet und ohne jedes wenn und aber die rein verfahrensrechtlichen Bestimmungen peinlichst genau einzuhalten sind“, heißt es in der Mitteilung. Dezernent ist Beigeordneter Paul Ketzer. Er nimmt damit Bezug auf den Paragrafen 1666a des Bürgerlichen Gesetzbuches. Dieser besagt: „Maßnahmen, mit denen eine Trennung des Kindes von der elterlichen Familie verbunden ist, sind nur zulässig, wenn der Gefahr nicht auf andere Weise, auch nicht durch öffentliche Hilfen, begegnet werden kann“.
Rechtswidriges Handeln bei Inobhutnahmen
Wie die WAZ berichtete, hatte das Verwaltungsgericht Gelsenkirchen in zwei Fällen geurteilt, dass das Jugendamt bei seiner Inobhutnahme je eines Kindes rechtswidrig gehandelt hatte. Richter wie Rechtsanwälte in der Stadt kritisierten, dass das Jugendamt bei Gefährdungen von Kindern das Familiengericht umgeht.
Anstatt eine Inobhutnahme vorzunehmen wird das Jugendamt nun stets „einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung (nach § 1666 BGB) beim Familiengericht stellen“, sofern keine Gefahr im Verzug ist. Das Verwaltungsgericht hatte dazu in seinem Urteil festgestellt: „Dies ist allemal das mildere Mittel im Vergleich zum direkten behördlichen Eingriff ins das Elternrecht“. Denn § 1666 legt fest: „Wird das körperliche, geistige oder seelische Wohl des Kindes gefährdet und sind die Eltern nicht gewillt oder nicht in der Lage, die Gefahr abzuwenden, so hat das Familiengericht die Maßnahmen zu treffen, die zur Abwendung der Gefahr erforderlich sind“.