Es gibt in Bottrop nur noch eine große Volkspartei: die Partei der Nichtwähler. Sie ist mit Abstand die stärkste politische Kraft - die damit aber nichts anzufangen weiß. Allenfalls die SPD wird in Bottrop noch dem Anspruch gerecht, Volkspartei zu sein. Alle anderen sind Splitterparteien.
1
Es gibt in der Stadt nur noch eine große Volkspartei: die Partei der Nichtwähler. Sie ist mit Abstand die stärkste politische Kraft - die damit aber nichts anzufangen weiß.
2
Am Wahltag trafen wir Rolf Halfar. Der langjährige Vorsitzende des Personalrats der Stadtverwaltung war auf dem Weg ins Wahllokal. Selbstverständlich wähle er. Das sei staatsbürgerliche Pflicht, sagte Halfar beinahe beschwörend. Sogar einer Wahlpflicht redete der pensionierte Personalrat das Wort. Denn Halfar hatte kommen sehen, was fast alle Wahljahre wieder die Regel ist.
3
Fast 40 Prozent der Einwohner mit Wahlrecht gaben ihre Stimme bei der Landtagswahl nicht ab. Das sind 35 836 Unterstützer der Nichtwähler-Partei. Wieder einmal. Bei 60,3 Prozent lag die Wahlbeteiligung diesmal, bei der Landtagswahl 2010 war sie mit 60,0 Prozent noch etwas niedriger. 2005 lag sie bei 64,2 Prozent und zur Jahrtausendwende gab es mit 57,4 Prozent an Wählern den Tiefpunkt. Seit den 90er Jahren bleibt die Wahlbeteiligung unter der 70-Prozent-Marke. Es herrschen also stabile Verhältnisse.
4
Klare Verhältnisse indes sind etwas anderes. So groß wie es in den bunten Säulen und Tabellen an jedem Wahlabend ablesbar zu sein scheint, ist die Zustimmung der Einwohner der Stadt zu den so genannten großen und kleinen Parteien ja keineswegs. Klein sind nämlich längst alle Parteien.
5
Allenfalls die SPD wird in Bottrop noch dem Anspruch gerecht, eine Volkspartei zu sein. Die 50-Prozent-Partei ist sie aber nur nach gewohnter Wahlberechnung. In Wirklichkeit fällt die Zustimmung für die nach der Nichtwähler-Partei stärkste Kraft ja geringer aus. Gemessen an den 90 226 Wahlberechtigten liegt sie mit ihren 26 861 Wählerinnen und Wählern bei 29,8 Prozent.
6
Alle anderen sind nur Splitterparteien. Das gilt auch für die zweite sogenannte Volkspartei: die CDU. Sie stürzte bei dieser Landtagswahl in der Wählergunst ja ohnehin stark ab. 10 922 Wählerinnen und Wähler brachte sich noch hinter sich. In der Wirklichkeit liegt die Union damit bei einer Zustimmung unter den wahlberechtigten Bottropern von 12,1 Prozent.
7
Die Nicht-Wähler-Partei in der Stadt ist mit ihren 35 836 Wählern längst annähernd so stark wie es eine sogenannte Große Koalition aus SPD und CDU wäre. Gemeinsam kamen die beiden großen Parteien noch auf 37 783 Wählerinnen und Wähler, also 41,9 Prozent an tatsächlicher Zustimmung.
8
Da reichte nicht einmal eine Vierer-Koalition mit Grünen und FDP im Bunde zur echten Mehrheit.
Parteien-Prozente drücken Zustimmung falsch aus
Der prozentuale Stimmenanteil der einzelnen Parteien bei der Landtagswahl gibt das Verhältnis der gültigen Stimmen, die für die jeweilige Partei abgegeben wurden, im Verhältnis zu den gesamten gültigen Stimmen wider.
Diesen Maßstab anzulegen, führt jedoch zu einem Zerrbild. Denn es täuscht ein Maß an Unterstützung für die gewählten Parteien und ihre Vertreter vor, das in Wirklichkeit nicht annähend so groß ist.
So sind zum Beispiel bei dieser Landtagswahl fast 40 Prozent der Einwohner, die wählen dürfen, gar nichts erst ins Wahllokal gegangen und haben auch nicht per Brief abgestimmt.
Über ihre politischen Vorlieben ist damit zwar nichts gesagt. Fakt ist jedoch, dass sie bei dieser Wahl keine Partei unterstützten.