Die Beteiligung der Beschäftigten aus dem öffentlichen Dienst war trotz niedriger Temperaturen ungewöhnlich hoch. Dank guter Organisation blieb der Kollaps bei ÖPNV oder bei den Kindertagesstätten zum Glück aus.

Keine Busse am ZOB, Verkehrsstau rund um Bottrop: Der öffentliche Dienst streikt, doch der Kollaps bleibt aus.

Bereits um kurz nach 8 Uhr haben sich einige hundert Streikwillige von Stadtverwaltung, Sparkasse, Vestische und BEST vor dem Rathaus versammelt, später, am zentralen Versammlungsort am ZOB, werden es zusammen mit den Beschäftigten des Knappschaftskrankenhauses rund 800 Streikende sein. Kalt ist es, ein eisiger Wind fegt durch die Reihen. So haben die Streikwesten an diesem Morgen auch noch eine wärmende Funktion.

Die tiefen Temperaturen halten die Beschäftigten nicht davon ab, sich am Streik zu beteiligen. „Ich bin überwältigt von der Resonanz“, so Dagmar Kaplan, Mitglied der Bundestarifkommission. 6,5 Prozent mehr Lohn ist die Forderung. Überzogen? „Nein, überhaupt nicht“, sagt sie. „6,5 Prozent sind noch zu wenig. Die Kaufkraft der Beschäftigten aus dem Öffentlichen Dienst ist in den letzten zehn Jahren um 8,5 Prozent gesunken. Da ist eine Lohnerhöhung mehr als berechtigt. Die Krokodilstränen der Kämmerer zu sammeln ist wirklich kein gute Erfahrung.“

Ähnlich sieht es Michael Kolorz, Personalratsvorsitzender des Knappschaftskrankenhauses: „Die Forderungen nach mehr Gehalt sind nicht überzogen. Jahrelang gab es immer nur moderate Tarifabschlüsse. Wir haben Deutschland schließlich mit aus der Krise geführt.Jetzt fordern wir, dass sich das endlich bei unseren Löhnen bemerkbar macht.“

Die Patienten leiden unterdessen nicht im Knappschaftskrankenhaus, Notdienstvereinbarungen waren getroffen worden. Aber neben den ständig pflegebedürftigen Personen werden heute nur Notfälle behandelt. „Wir wollen den Streik nicht auf dem Rücken der Bürger austragen“, so Kolorz, „aber der Warnstreik war jetzt einfach notwendig.“

Auf dem ZOB machen die Streikenden mit ohrenbetäubendem Trillerpfeifen-Lärm auf sich aufmerksam. Auf den mitgebrachten Plakaten sind Sätze wie „Ehrensold für alle – mindestens 200 Euro mehr im Monat“ oder „Die nächsten Milliarden sind für uns – nicht für die Banker“ zu lesen. Die Stimmung auf dem ZOB ist gut, die Musik aus der mitgebrachten Anlage scheint sorgfältig ausgewählt: „I feel good“ von James Brown oder „Think“ von Aretha Franklin, einem Lied, das zum Nachdenken anregen möchte.

In der städtischen Kindertagesstätte „Im Brinkmannsfeld“ zeigt sich die Leiterin Angela Evers überrascht von der guten Organisation der Eltern: „Insgesamt sind wir sechs Erzieherinnen hier bei der Notstelle. An einem normalen Tag betreuen wir hier 76 Kinder, heute wurden nur fünf Kinder in die Betreuung gegeben. Das zeugt auch von der Solidarität, die die Eltern den Streikenden entgegenbringen. Für mich ist das ein positives Bild.“ - Der Elternrat der Kindertagesstätte hatte den kurzfristig anberaumten Streiktag dafür genutzt, dem Nachwuchs einen Ausflug anzubieten.

Ob auf dem Marktplatz oder in der Kindertagesstätte: Den Streikenden wird viel positive Resonanz entgegen gebracht.

Wichtig ist den streikenden Beschäftigten neben der Lohnerhöhung aber vor allem eines: Die Wertschätzung ihrer Jobs. „Klar bin ich hier, um mehr Geld in der Tasche zu haben“, sagt eine Erzieherin. „Aber vor allem geht es mir um die Anerkennung für das, was wir täglich leisten.“