Bottrop. . Wolken am Konjunkturhimmel sieht die Wirtschaft im Ruhrgebiet aufziehen. Doch die Elektro- und Metallindustrie ist laut Konjunkturbarometer auf der Überholspur.

Die Wirtschaft im Ruhrgebiet blickt auf ein solides Wirtschaftsjahr im Zeichen des Aufschwungs zurück. 2012 erwartet sie trotz Verunsicherungen mit verhaltenem Optimismus. Das ist das Ergebnis des aktuellen Konjunkturbarometers der Arbeitsgemeinschaft Arbeitgeber Ruhr.

Raymond Opszalski, Vorsitzender des Arbeitgeberverbandes der Eisen- und Metallindustrie Emscher-Lippe, sieht Wolken am Konjunkturhimmel aufziehen, aber warnt vor Rezessionsszenarien: „Die Konjunkturprognosen für das 1. Halbjahr 2012 lassen überwiegend eine Fortdauer des Optimismus erkennen, allerdings ohne Euphorie. Die Unternehmen sind verunsichert. Signale für eine Rezession sehen wir darin noch nicht, die Wachstumsdynamik wird gegenüber 2011 aber nachlassen.“ Allerdings: „Erstmals seit Jahren hinkt die Metall- und Elektro-Industrie nicht mehr hinterher, sondern ist auf der Überholspur“, so Raymond Opszalski.

Umsatz und Ertrag: Metall- und Elektroindustrie holt auf

Bei Auftragseingang und Umsatz ergibt sich branchenübergreifend eine deutliche Zwei-Drittel-Mehrheit von 68 Prozent der befragten Unternehmen, die bessere oder gleich bleibend gute Ergebnisse im Vergleich zum 1. Halbjahr 2011 einfahren konnten. Dennoch zeigt sich, dass der Höhepunkt des Aufschwungs überschritten ist: Vor einem halben Jahr lag dieser Anteil mit 80 bzw. 74 Prozent deutlich höher. Weiterhin erfreulich, wenngleich mit Verschlechterungstendenz, ist die aktuelle Ertragssituation der Unternehmen: nur noch 30 Prozent der Befragten vermelden gute Erträge, fast die Hälfte (44 %) ist zufrieden, über ein Viertel klagt über schlechte Erträge.

Deutlich verbessert hat sich die Situation im Bereich der Metall- und Elektroindustrie: Hier liegt der Anteil der Positiv-Meldungen bei den Parametern Auftragseingang und Umsatz bei 75 beziehungsweise 77 Prozent und damit signifikant höher als in der Gesamtwirtschaft.

Arbeitsmarkt und Ausbildung: Beschäftigungssaldo deutlich im Plus

Branchenübergreifend ist der Beschäftigungssaldo im 2. Halbjahr 2011 (8 % Abbau, 36 % Aufbau) weiterhin deutlich im Plus, sogar mit steigender Dynamik gegenüber dem Ergebnis von vor einem halben Jahr (12 zu 28 %). Geringfügig weniger positiv ist der Beschäftigungssaldo in der Metall- und Elektroindustrie (9 % Abbau, 30 % Aufbau). Das ist eine Verstetigung der Verhältnisse aus dem Frühjahr 2011 (7 zu 29 %).

Auffällig ist der gefallene (15 % gegenüber 31 %) Mehrarbeitsbedarf. Bei den Ausbildungsplätzen konnten 54 Prozent der Befragten ihr Vorjahresangebot halten, weitere 22 Prozent konnten sogar ausweiten. Ein Warnzeichen ist die Rückmeldung, dass rund ein Sechstel der Unternehmen branchenübergreifend (Metall- und Elektroindustrie: 17 %) die angebotenen Ausbildungsplätze nicht besetzten konnten. Als Hauptgründe wurden branchenübergreifend genannt mangelnde Qualifikationen (35 %), Bewerbermangel (24 %) und Nicht-Antritt beziehungsweise Abbruch (21 %). Im Bereich der Metall- und Elektroindustrie dominierten die mangelnde Qualifikation (53 %) und der Bewerbermangel (20 %) als Hauptgründe.

Branchenübergreifend beklagten im Dezember 2011 13 Prozent der befragten Unternehmen aktuell Fachkräftemangel. Dies ist ein etwas geringerer Anteil als in der Frühjahrsumfrage (18 %), allerdings eine deutliche Zunahme gegenüber den Rückmeldungen vor Jahresfrist (9 %). Wenn auch derzeit ein Fachkräftemangel noch nicht weit verbreitet ist, so droht er doch in wenigen Jahren.

Prognose 2012: Unternehmen weniger optimistisch

Branchenübergreifend überwiegen bei den Konjunkturprognosen die optimistischen Rückmeldungen: 71 Prozent der Befragten rechnen für die nächsten sechs Monate mit gleichbleibend guten oder besseren Geschäften, 65 Prozent mit besseren bzw. gleichbleibend guten Inlandsaufträgen. Das sind allerdings jeweils mehr als 10 Pro-zentpunkte weniger optimistische Rückmeldungen als vor Jahresfrist. Relativ optimistische Rückmeldungen auch bei der Investitionsprognose: 61 % der Befragten (Frühjahr: 62 %) rechnen mit einer Zunahme bzw. mit gleichbleibend hohen Investitionen im Vergleich zum Vorjahr, nur 18 Prozent mit einer weiteren Abnahme. Eine weitere Verbesserung bei den Erträgen (22 % besser, 18 % Verschlechterung) ist dagegen kaum in Sicht.

Weniger optimistisch sind die Prognosen für den Bereich der Metall- und Elektroindustrie: Knapp zwei Drittel der Befragten (64 %) rechnen in den nächsten sechs Monaten mit allgemein besseren oder gleichbleibend guten Geschäften, bei den Inlandsaufträgen sind dies allerdings nur 54 Prozent und damit eine knappe Mehrheit.

Ein vergleichbar positives Bild zwischen Metall- und Elektroindustrie einerseits und der branchenübergreifenden Betrachtung ergibt sich bei den Arbeitsmarktprognosen für das 1. Halbjahr 2012: der Aufschwung hält offenbar an. Branchenübergreifend setzt sich der Positivsaldo bei der Beschäftigung fort: 5 Prozent Abbau steht 17 Prozent Aufbau gegenüber, das ist zwar gegenüber dem Frühjahr eine Verschlechterung, aber immer noch ein deutliches Plus. Erfreulich ist auch der Blick auf die Ausbildungsplatzper-spektive: Fast drei Viertel der Unternehmen (71 %) signalisieren Stabilität, der Saldo zwischen Abbau und Auf-bau (5 zu 15 %) ist nur geringfügig gegenüber der Frühjahrs-Umfrage geschmolzen.

Fazit: Höhepunkt des Aufschwung liegt hinter uns

Die aktuellen Konjunktur-Parameter für das 2. Halbjahr 2011 tragen auch weiterhin das Gesicht des Aufschwungs. Umgekehrt darf nicht verkannt werden, dass sich der Anteil der Positivmeldungen gegenüber der Frühjahrsumfrage vermindert hat. „Dies belegt, dass der Höhepunkt des konjunkturellen Aufschwungs hinter uns liegt. Die Konjunkturprognosen für 2012 sind verhalten positiv, dennoch wächst die Verunsicherung“, so Raymond Opszalski. Die Geschäftserwartungen liegen zumindest bei der Gesamtwirtschaft mit einem Anteil Positivmeldungen von über 70 % relativ gut, wohingegen die Metall- und Elektroindustrie signifikant zurückhaltender ist. Verbesserungen bei den Erträgen werden nicht erwartet. Ungebrochen scheinen die positiven Perspektiven für den Arbeits- und Ausbildungsmarkt zu sein.

Auch wenn gegenwärtig „nur“ etwas mehr als 10 Prozent der befragten Unternehmen über akuten Fachkräftemangel klagen, meldet bereits rund ein Viertel der Befragten Schwierigkeiten bei der Stellenbesetzung. „Angesichts des demografischen Wandels deutet einiges darauf hin, dass der Fachkräftemangel zu einem gesellschaftspolitischen Megathema werden dürfte“, so Raymond Opszalski. Mit Blick auf die anstehende Tarifrunde in der Metall- und Elektroindustrie in 2012 ruft er zur Besonnenheit auf: „Wir blicken auf ein gutes Jahr 2011 zurück und die Metall-Arbeitgeber möchten ihre Mitarbeiter fair am Aufschwung beteiligen. Die Unternehmen sind derzeit durch die Euro-Schuldenkrise verunsichert. Richtschnur muss in den Tarifverhandlungen die ge-samtwirtschaftliche Entwicklung sein. Die Entgelte dürfen nicht Achterbahn fahren, sondern sollten einem langfristig tragbaren Aufwärtskurs folgen“, so Raymond Opszalski.