Bottrop.

Hunde freuen sich über Auslauf, vor allem ohne Leine. Dieses unerlaubte Vergnügen gönnen manche Hundehalter ihrem Tier bei einem Waldspaziergang, und der Hund folgt seinen Instinkten: Er scheucht Wild auf und jagt.

Drei tote Rehe hat Jagdaufseher Michael Kohne seit Mitte Juli im Jagdbezirk zwischen der Halde Schöttelheide und der Oberhausener Straße gefunden. Einem jungen Reh wurde die Kehle durchgebissen, ein Kitz verendete mit aufgerissenem Leib. Der Jagdaufseher und Hundebesitzer ist überzeugt: Streunende Hunde haben das Wild gehetzt und erlegt. Die Rehe starben nicht etwa einen schnellen und schmerzlosen Tod, sondern sie starben qualvoll. Auf eine Anzeige bei der Polizei hat der Jagdaufseher verzichtet, die letzte hat er im Januar erstattet, als Hunde ein Rehkitz gerissen hatten, und die Ermittlungen verliefen im Sande.

"Hunde sind ausdauernder"

Kohne und Jagdpächter Dr. Theo Plajer aus Essen fragen sich, was einem Hundehalter durch den Kopf geht, wenn sein Vierbeiner nach einem langen und unbeobachteten Streifzug durch den Wald am Spechtsbach mit blutiger Schnauze zurück kommt. Ein Hund kann schnellem Rehwild nicht gefährlich werden? Irrtum, sagt Kohne: „Rehwild ermüdet rasch. Hunde sind ausdauernder.“ Mein Hund tut das nicht? Alle Hunde, stellt der Jagdaufseher fest, stammen vom Wolf ab, einem Jäger. Unterschiedliche Rasse haben unterschiedliche Eigenschaften, aber vom Urinstinkt her bleiben sie Jäger. Und was die Größe betrifft: „Ab mittlerer Größe kann jeder Hund ein Reh reißen.“ Dem eingeborenen Trieb folgt fast jeder Hund - wenn man ihn lässt.

An dieser Stelle kommen Hundebesitzer ins Spiel, die ihre Tiere im Naturschutzgebiet südlich der Halde nicht anleinen, obwohl dort Leinenzwang herrscht. Wenn Kohne sie trifft, will er Überzeugungsarbeit leisten: Das Wild sei zu Hause im Wald, der Mensch zu Besuch, und er solle sich, bitteschön, an Spielregeln halten. Wer Hunde frei laufen lasse, handele fahrlässig und nehme in Kauf, dass Wild leide, gehetzt und getötet werde. Das „Drama mit dem Kitz“, das sich nach Kohnes Überzeugung auf der Flucht vor einem wildernden Hund schwer verletzte und den Leib aufriss, bleibt ihm in Erinnerung.

Hektik und Stress in der Tierwelt

Kohne kennt die Assoziation: Ein Reh zu erlegen, sei letztlich auch das Ziel des Jägers. Aber er schieße nicht unkontrolliert und wahllos, sondern folge einem Plan. Und: „Wir als Jäger töten schonend“, betont Jagdpächter Dr. Plajer die menschliche Absicht im Gegensatz zum hündischen Instinkt.

In dem Jagdrevier von 200 ha Größe halten sich nach Schätzung des Aufsehers 20 bis 30 Stück Rehwild auf, hinzu kommen Wildschweine, Füchse, Hasen, Dachs und Iltis. „Man kann viel sehen, wenn das Revier nicht beunruhigt ist“, sagt Jagdpächter Dr. Theo Plajer. Streunende Hunde hingegen bringen Hektik und Stress in die Tierwelt - wenn nicht Schlimmeres.