Bottrop.

Er wiegt 395 Gramm und misst 27 cm. Im Marienhospital kam vor wenigen Tagen der kleinste Neubürger der Stadt auf die Welt, der dort nun intensiv betreut wird. „Der Junge hat alles, was ein normaler Mensch braucht, er ist nur winzig klein“, sagt Chefarzt Dr. Martin Günther.

Denn das Kind kam in der 24. Schwangerschaftswoche zur Welt, mithin mindestens drei Monate zu früh. Zunächst sei die Schwangerschaft völlig normal verlaufen, erklärt Dr. Günther. Dann jedoch traten Umstände ein, unter denen den Medizinern ein Kaiserschnitt geboten schien - und so geschah es. Seitdem wird der Kleine intensivmedizinisch im Inkubator versorgt, wo er sich bei hoher Luftfeuchtigkeit und einer Temperatur von 37,5 Grad wohlfühlt.

Mit den Augen kann der kleine Junge seine Umgebung nicht wahrnehmen, sie sind noch geschlossen. Aber er nutzt andere natürliche Möglichkeiten, seiner Umwelt Bedürfnisse und Gefühle zu vermitteln: Er verzieht das Gesicht, deutet Unbehagen an, und die Kindern äußern sich auch durch eine Änderung der Herzfrequenz, erklärt Dr. Günther. Ein wichtiger Grund, der Umwelt ein Signal zu geben: Der Junge will gefüttert werden. „Er bekommt eine speziell aufbereitete Kunstnahrung.“ Denn Kinder mit einem Gewicht unter 500 g brauchen mehr, als die Muttermilch ihnen geben kann.

Große Aufmerksamkeit schenken die Mediziner der Haut des des Frühgeborenen, denn das Organ ist nicht ausgebildet und sehr empfindlich: „Die Haut ist glasig“, schildert der Chefarzt das Bild. Unter einer seitlich angebrachten Lichtquelle sind Knochen und Gefäße sichtbar. Keime könnten leicht eindringen, und „die Haut duldet keine Kontakte“, sagt der Chefarzt.

Die Mutter darf das Kind anfassen und streicheln, „na klar“, sie kann das Kind auch auf den Schoß nehmen. „Kinder wissen schon sehr früh, wer die Mutter ist“, stellt Dr. Günther fest. „Sie haben ein sehr gutes, fast absolutes Gehör und können Töne und Stimmen unterscheiden.“

Das Kind wird noch eine ganze Weile in der Obhut der Mediziner bleiben müssen: Wenn er ein Gewicht von 2200 Gramm erreicht hat, so die Erfahrung des Chefarztes, könne er voraussichtlich die Klinik verlassen, aber bis dahin werden wohl noch 160 Tage vergehen. Stünde nun der Sommer bevor, könnte der Aufenthalt abgekürzt werden. Aber die Mediziner achten auf den Wärmehaushalt des Kleinen. Sein Körper ist mit andersartigem Fettgewebe ausgestattet als ein Erwachsener, daher kann der junge Organismus die Temperatur nicht halten.

Wie hat er die Frühgeburt verkraftet? „Dem Kind ist nichts passiert“, betont Dr. Günther. Und wegen der problemlosen Schwangerschaft attestiert der Mediziner dem Jungen gute Aussichten auf eine normale und gesunde Entwicklung.