Seit Jahren ist die Zahl der Organspender in Deutschland unterdurchschnittlich. Mediziner vom Knappschaftskrankenhaus unternehmen einen weiteren Vorstoß, für das Organspendewesen zu werben. Denn sie wissen, dass mangels Organersatz Menschen sterben.
Es kommt nicht häufig vor, aber es bleibt eine überaus dramatische Situation: Bei einem Menschen auf der Intensivstation wurde der Hirntod - also der unwiderrufliche Verlust der Hirnfunktion, dem auch der körperliche Tod rasch folgt - festgestellt. Nun sollen die nächsten Verwandten entscheiden, ob eine Organentnahme im Sinne des Verstorbenen gewesen wäre. Eine ziemliche Zumutung in dieser ohnehin schweren Stunde, wie auch Dr. Reinhold Dux findet, Chefarzt der Klinik für Neurologe am Knappschaftskrankenhaus (KKH). „Aber wir müssen diese Frage stellen. Es steht zu viel auf dem Spiel.“
Denn nur 17 Prozent der Deutschen führen einen Organspendeausweis mit sich und haben damit eindeutig und rechtzeitig Position bezogen. Ihr Beitrag reicht aber bei weitem nicht aus, all jenen Menschen zu helfen, die auf eine Transplantation von Herz, Leber oder Niere warten. „Es sterben Menschen, denen geholfen werden könnte“, sagt Prof. Dr. Markus Hollenbeck. Der Ärztliche Direktor des KKH und Chefarzt der Nephrologischen Klinik macht sich seit Jahren stark für die Verbreitung des Organspendewesens. Dies ist auch der Grund, dass er am Samstag, 4. Juni, über die Spende aufklären und für sie werben möchte. Gemeinsam mit der „Selbsthilfe Dialyse und Transplantierte Bottrop“ steht er an einem Info-Stand in der Fußgängerzone vor der Elefanten-Apotheke. „Ich habe mir das Ziel gesteckt, in Bottrop in den nächsten Jahren 1000 weitere Organspender zu gewinnen“, sagt der Mediziner. Er arbeitet gerade an einem Aktionskonzept, das die „Organ-Paten“ in den Mittelpunkt stellt.
Aus seinem unmittelbaren Wirkungskreis im Nephrologischen Zentrum weiß Hollenbeck, dass es immer um die 50 Patienten sind, die auf eine neue Niere warten und dass es nur für zwölf bis 14 Personen im Jahr gelingt, ein Spenderorgan zu bekommen.
Aktuelle Umfragen zeigen, dass 70 Prozent der Deutschen grundsätzlich zur Organspende bereit sind. Die beiden Chefärzte kennen aber auch die Vorbehalte in der Bevölkerung. Nicht zuletzt jene Befürchtung, ein Patient mit Organspendeausweis werde zu einem potenziellen Opfer.
„Aber das ist völliger Unsinn“, sagt Dux. „Unsere ganze Energie fließt in die Behandlung und Wiederherstellung der Patienten.“ Erst wenn es keine Rettung mehr gebe, könne das Zeitfenster zur Organentnahme genutzt werden, das zwischen der Feststellung des Hirntods (das geschieht nach einem engmaschigen gesetzlichen Regelwerk, unter anderem durch Hinzuziehen zwei weiterer, erfahrener Ärzte) und dem möglichen Abschalten der Maschinen besteht.