Die Jungen ziehen nach: Girls’ Day war gestern - am Donnerstag war auch erster Boys’ Day. Für Lukas (12), Mats (bald 14) und Noah (13) wie auch die anderen elf der Gruppe von Schülern, die den Alltag im Seniorenzentrum St. Teresa begleiteten, ein eindrucksvoller Tag. Da erfährt man was, „was man in der Schule nicht lernt“, hat Lukas erkannt. Viel erreicht - wenn auch nicht alles.
Aber es wäre auch zu viel verlangt, dass so ein erster Tag schon Berufsentscheidungen anregt. Das soll Boys’ Day auf Sicht aber schon: Jungen Berufe näher bringen, die außerhalb des tradierten Spektrums liegen. Männerberufe - Frauen berufe: diese Einteilung schränkt Berufs- und Lebensplanung ein. Die „Days“ sollen sie weiten.
„Weil ich mehr über alte Leute erfahren will“ hat Lukas seinen Einsatz im Seniorenzentrum erklärt. Morgens wurden mit den alten Leuten Palmstöcke gebastelt, Am Nachmittag war Tanztee, vor dem die Jungen Bammel hatten. „Da geht’s nicht um Standardtänze“, beruhigt Ruthild Krause, Leiterin des Sozialen Dienstes in St. Teresa und stellvertretende Hausleiterin. Der Musik, dem Rhythmus nachgehen in kleinen Bewegungen, vielleicht aber auch nur plaudern. Man wird sehen.
Die Jungen der siebten Klasse der August-Everding-Realschule hätten die Wahl gehabt, in einer Kita, einem Drogeriemarkt oder dem Altenheim ihren Boy’s Day zu verbringen. Sie interessierte das Altenheim. Denkbares Berufsfeld für später? Alle Jungen - neben den Realschülern sind auch noch Jungen eines Gladbecker Gymnasiums und der Janusz-Korczak-Gesamtschule im Haus - schütteln den Kopf. Nein, nur mal schauen, wie andere arbeiten, Informationen fürs Leben, nicht für die Berufsplanung gewinnen.
Girls and Boys Day
Denn so vorsichtig sie auch formulieren, sie haben schon den Eindruck, dass pflegende Berufe Frauenberufe sind. „Männer haben Berufe, wo eher körperliche Kraft gebraucht wird“, formulieren sie es vorsichtig. „Und Frauen haben seelische Kraft“, ergänzt Noah leise. Da rutscht es einem von den Jungen heraus, „dass wir doch eigentlich gedacht haben, Frauen machen doch fast nichts.“ Die Hinwendung an demente Menschen - „ich hab’ das Wort Demenz heute zum ersten Mal gehört“, sagt Mats - die Beschäftigung mit Leid und Tod, die ihnen im Abschiedsraum näher gebracht wurde, haben sie beeindruckt.
Das klingt nach neuer Wertschätzung nach nur wenigen Vormittagsstunden. Eine Wertschätzung, die sich für die Beschäftigten in Pflege und Betreuung nicht unbedingt gut auszahlt, erfahren die Jungen auch noch. Und erhalten so einen Fingerzeig, warum Pflegeberufe vorrangig weiblich besetzt sind: Was verdient man denn so, will ein Schüler wissen. Auf Heller und Pfennig weiß Ruthild Krause es nicht, aber rund 2000 Euro brutto für gestandene Therapeutinnen mit einer 39-Stunden-Woche - da schlucken die Jungen schon.
Szenenwechsel. Hochschule Ruhr West in Bottrop, Girls’ Day. Etwa 40 Schülerinnen befassen sich in Projekten mit Robotern, bringen einen Sonnenmotor zum Laufen oder bauen einen MP3-Player für den PC. Wie Lea-Lyn Stremlau und Sophie Schulze Dieckhoff. Sie sind in der Klasse 11 des Berufskollegs und wollen dort ihr Wirtschaftsabitur ablegen. Informatik ist Unterrichtsfach und interessiert sie. Ob’s fürs Studium dieser Ausrichtung reicht - auch dazu soll der Schnuppertag an der Hochschule dienen. Und die späteren Berufspläne? „Mal schauen, was geht, aber Krankenschwester nicht.“
Frauen für technische Berufe interessieren will die Hochschule auch an einem solchen Tag. Man merkt aber: wer gekommen ist, der ist bereits interessiert, hat ein Faible für Technik und ist mathematisch begabt. Und enorm wissbegierig, merken die FH-Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Aus dem Staunen längst heraus. Girls’ Days gibt es eben schon länger als Boys’ Days...