Essen. Zufall war es. Aber ein böser Zufall mit schrecklichen Folgen für einen 13 Jahre alten Jungen aus Bottrop. Auf offener Straße wurde er von einem Mann entführt und mehrfach sexuell missbraucht. Jetzt steht der Mann vor Gericht.

Für die Justiz ist der 42 Jahre alte Marco G. kein Unbekannter. Es nimmt viel Zeit in Anspruch, vor der V. Essener Strafkammer seine Vorstrafen zu erörtern. Die ersten Auftritte vor der Justiz hatte er als 14-Jähriger. 1987, da war er 19, wird er in Bochum zu zweieinhalb Jahren Jugendstrafe verurteilt, Acht Jahre später bekommt er in Bochum drei Jahre Haft. In beiden Fällen hatte er junge Frauen auf der Straße mit einem Messer angegriffen, vergewaltigt oder zu vergewaltigen versucht. 2001 verurteilte das Landgericht Essen ihn dann zu fünfeinhalb Jahren Haft. In 17 Fällen hatte er die Kinder seiner Schwester sexuell missbraucht.

Das sind die einschlägigen Vorstrafen. Im Oktober 2009 wird Marco G. aus der Haft entlassen, zieht später nach Batenbrock. Führungsaufsicht besteht. Doch er hält sich nicht an die Auflagen, nimmt wieder Drogen, entzieht sich einer Therapie.

Am 17. August fährt er seinen Chef, der in der Fitnessbranche arbeitet und ihn als 400-Euro-Kraft beschäftigt, in dessen Mercedes zum Flughafen Düsseldorf. Einen Führerschein hat er nicht. „Das wusste der Chef, aber er fühlte sich mir aus einer gemeinsamen Haftzeit verpflichtet.“ Zurück fährt Marco G. über Essen, besorgt sich Kokain und konsumiert es.

Dann fährt er weiter. Laut Anklage verspürt er sexuelle Lust, sucht ein Opfer. Er be­streitet das: „Ich wollte nach Hau­se, Pornofilme sehen.“ Doch in Welheim sieht er den 13-Jährigen, der gerade auf dem Weg ist, Katzenfutter zu kaufen. „Spontan“ habe er sich zur Tat entschlossen, sagt der Angeklagte.

Ein Martyrium schließt sich an. Er zerrt den Jungen ins Auto, fesselt ihn, fährt in den Wald. Dort spritzt er ihm Kokain. Laut Anklage, um das Kind „sexuell zu stimulieren“. Birgit Zellerhoff, Verteidigerin von Marco G.: „Er wollte ihn ruhig stellen, um ihm größeres Leid zu ersparen.“ Danach missbraucht er den Jungen, sperrt ihn in den Kofferraum, fährt wieder nach Essen zum Drogenkauf, fährt wieder Richtung Bottrop, spritzt dem Jungen in einem Waldstück ein zweites Mal Kokain und missbraucht ihn wieder.

Marco G. hatte sogar überlegt, sein Opfer umzubringen, ihn als Zeugen auszuschalten. Aber diesen Gedanken habe er verworfen: „Ich hatte mittlerweile eine Beziehung zu ihm aufgebaut.“ Eine Nacht nimmt er ihn mit zu sich und verspricht, ihn am nächsten Morgen nach Hause zu bringen. Daran hält er sich.