Beispiel Heinrich-Heine-Gymnasium: Bessere Bildungsbedingungen wollen alle. Doch sowohl Schülersprecher als auch Schulleiter betrachten die aktuellen Bildungsstreiks eher skeptisch.
Schüler und Studenten gehen in dieser Woche für bessere Bildungsbedingungen auf die Straße. „Gegen Schulzeitverkürzung” lautet eine zentrale Forderung der Schüler. Stattdessen sollen mehr Lehrer in kleineren Klassen unterrichten.
Doch längst nicht alle Schüler hat der Aufruf zum Streiken erreicht. „Das Ganze kam ziemlich kurzfristig”, findet Fabian Beckmann, Schülersprecher am Heinrich-Heine-Gymnasium, weshalb die Aktion an den Schülern des Gymnasiums komplett vorbeiläuft. „Wir sind einfach total im Stress”, begründet der 18-Jährige. Viele eigene Aktionen – vom Kennenlerntag bis zum Sponsorenlauf – seien dafür verantwortlich.
Dennoch sieht der Schülersprecher die Defizite, die bei den Streiks eine Rolle spielen. „Das größte Problem ist”, so Fabian Beckmann, „dass die Klassen zu groß sind.” Ein Abitur nach zwölf Jahren unter diesen Voraussetzungen? Das macht seiner Ansicht nach keinen Sinn. „Unter anderen Bedingungen kann das durchaus funktionieren. Bei Klassen mit 30 Schülern geht es aber nicht.”
Fabian, der selbst noch zu denjenigen gehört, die dreizehn Jahre Zeit bis zur Hochschulreife haben, zweifelt am Erfolg der Massenproteste. „Ich bin skeptisch, dass man damit was erreichen kann”, gesteht er. Und er nennt das Beispiel Studiengebühren: Auch da hätte es viele Proteste gegeben, und doch sei letztlich nichts herausgekommen.
Bringen Streiks für die Bildung also nichts? Martin Welling, Schulleiter am Heinrich-Heine-Gymnasium, sagt dazu: „Ich finde das vernünftig, dass Schüler und Studenten ihre Probleme öffentlich machen.” Gleichzeitig aber betont er: „Streiks müssen nachhaltig organisiert sein” – so, dass es auch wahrnehmbar sei. „Ich bin von zwei Schülern angesprochen worden mit der Frage: Streiken wir auch?” Auf die Gegenfrage, wofür denn, hätten sie nur die sehr allgemeine Antwort parat gehabt: „Für Bildung.”
Die Gefahr, die der Schulleiter sieht: Schüler betrachten solche Aktionen mehr als Event denn als geeignete Maßnahmen, um auch wirklich etwas zu erreichen. „Wenn ein Schüler erst aus der Zeitung erfährt, dass Streik ist, bin ich skeptisch, ob er sich schon bewusst mit dem Thema beschäftigt hat.” Vielmehr hätte Welling von der Schülerschaft erwartet, „dass sie sich frühzeitig mit einklinkt und ein Konzept für die Schule entwickelt”, im besten Fall sogar mit Lehrern und Eltern gemeinsam.
Denn dass es Verbesserungsbedarf gibt, bestreitet Martin Welling keineswegs. Beispiel Turbo-Abitur, das besonders in der Kritik steht: „Das G8-Abitur ist wie ein kalter Regen über die Schülerschaft gekommen”, sagt Welling, „die Probleme merken die Schüler erst jetzt.” Die Verdichtung des Lehrplans sei eben schon sehr anstrengend für die Schüler.