Bottrop.
Es ist eine Herausforderung. Das Quadrat zeigt „letzte Bilder“ des amerikanische Künstler Ad Reinhardt - und der Besucher sieht schwarz.
Auf den ersten Blick zeigen sich ihm nur monochrome, quadratische Flächen, schwarze Bilder, und das gleich siebenfach. Im Umfeld dieses zentralen Raums im Josef Albers- Museum dokumentieren frühere Arbeiten den delikaten Umgang des Künstlers mit der Farbe und ihren Abstufungen, er lotet Rot aus, kombiniert, entfaltet den Reichtum der Farbe. Doch nicht mit diesen Arbeiten hat sich Reinhardt der Kunstgeschichte des 20. Jahrhunderts eingeprägt, sondern mit der radikalen Position, die er mit seinen schwarzen Bildern ab 1960 bezog. „Anschauen ist nicht so leicht, wie es scheint“, stellte der Künstler fest. „Die Kunst lehrt den Menschen das Sehen.“ Keine leichte Aufgabe.
Was Reinhardt meint, offenbaren seine schwarzen Bilder - freilich erst dem geduldigen Blick, der sich „ergebnisoffen“ auf die schwarzen Quadrate einlässt. Ein Hauch von Blau erscheint in der Tiefe, eine Ahnung von Grün: Das Auge nimmt die Spur der verborgenen Farbe auf. Strukturen werden sichtbar - die schwarze Fläche ist geordnet, unterteilt in neun gleichmäßige Quadrate. Unwillkürlich stellt sich der Wunsch nach größerer Nähe zu den Arbeiten sein, um dem Schwarz weitere Geheimnisse seiner Gestaltung zu entlocken. Doch mahnt die Präsentation mit den wertvollen und empfindlichen Leihgaben aus den prominentesten Museen der Welt Distanz an - erstmals schaffen im Josef-Albers-Museum Podeste am Boden Abstand zu den Besuchern. Fünf Bilder von Reinhardt sind im Besitz deutscher Museen, doch werden sie wegen ihres heiklen Zustands kaum öffentlich gezeigt, berichtet Museumsleiter Dr. Heinz Liesbrock.
Die Ausstellung im Quadrat ist nach jahrelanger Vorbereitung die erste Präsentation von Reinhardts Arbeiten in Europa, und sie wird nur in Bottrop zu sehen sein. Sie konzentriert sich auf die Zeit von 1950 bis zum Tod des Künstlers im Jahr 1967, die Liesbrock als seine „reife Periode“ bezeichnet. Über „rote“ und „blaue“ Bilder, in denen Reinhardt chromatisch eng beieinander liegende Farben untersucht, gelangt er zu seinen schwarzen Arbeiten. Zunehmend tilgt er seine Spuren, seine Handschrift als Künstler aus den Bildern, und der Farbe ergeht es ebenso: Als Ausdruck persönlicher Vorliebe lenkt sie ab vom Thema, nämlich der Malerei als eigengesetzlichem Prozess. In der konsequenten Verfolgung dieses Gedankens malt Reinhardt die „letzten Bilder, die man irgend machen kann.“ Farbe und Form sind darin fast gänzlich aufgelöst, „ein Schritt weiter, und es wäre kein Bild mehr“, charakterisiert Liesbrock das Resultat.
Josef Albers und Ad Reinhardt haben einander geschätzt. Beiden war das Konzept wichtig, das hinter der künstlerischen Leistung steht, und sie teilten die Auffassung, dass der Maler als Persönlichkeit hinter dem Werk zurückzustehen habe. Entscheidend ist der Dialog zwischen Arbeit und Betrachter. „To open eyes“, nannte es Josef Albers.