Bottrop.

Die aktuelle Diskussion um die Aussetzung des Wehrdienstes schlägt Wellen. Sollten die Überlegungen tatsächlich Realität werden, stünde auch der herkömmliche Zivildienst vor dem Aus.

Der Freiwilligensektor, zu dem unter anderem das so genannte „freiwillige soziale Jahr“ (FSJ) gehört, würde somit verstärkt in den Fokus rücken. Beim Diakonischen Werk Gladbeck-Bottrop-Dorsten verfolgt man dagegen einen anderen Lösungsansatz. Seit 2008 bietet das Werk jungen Menschen eine etwas abgewandelte Form des FSJ an - das „Lifetime-Praktikum“. Johannes Schildmann, Vorstand des Diakonischen Werks Gladbeck-Bottrop-Dorsten, ist von diesem Konzept überzeugt. „Es ist im Prinzip wie ein freiwilliges soziales Jahr. Allerdings hat es den Vorteil, dass man die Dauer flexibel gestalten kann. Die Resonanz ist positiv.“

„Die Bedingungen sind ähnlich.“

So können die jungen Menschen wählen, ob sie das Praktikum für drei Monate oder ein ganzes Jahr absolvieren. Optimal für diejenigen, die sich kein komplettes Jahr binden wollen oder Einblicke in verschiedene Tätigkeitsbereiche bekommen möchten. Wie beim FSJ erhalten die Praktikanten auch hier ein Taschengeld oder Fahrtkostenerstattung. „Die Bedingungen sind ähnlich. Wir sehen das Lifetime-Praktikum aber nicht als Konkurrenz, sondern eher als Alternative an. Auch wir wollen den jungen Leuten soziale Erfahrungen ermöglichen“, sagt Schildmann.

Katharina Zenker aus Gladbeck und Marina Klug aus Bottrop absolvieren derzeit ein solches Lifetime-Praktikum in der Rheinbabenwerkstatt des Diakonischen Werks. Die beiden 20-Jährigen fühlen sich dort wohl und haben Freude an ihrer Arbeit. „Ich bin in der Schule auf das Projekt aufmerksam gemacht geworden. Und da ich schon immer im Behindertenbereich arbeiten wollte, war das natürlich ein willkommenes Angebot“, sagt Marina Klug, die im Bereich für Schwerst- und Mehrfachbehinderte arbeitet. Katharina Zenker ist im Berufsbildungsbereich tätig und wurde aus dem Bekanntenkreis auf das Praktikum angesprochen: „Ich wollte nach dem Abitur noch etwas Praktisches machen. Ich möchte im nächsten Jahr Soziale Arbeit studieren.“ Mit der klassischen Variante des FSJ haben sich die beiden dagegen nicht auseinandergesetzt. „Wir denken, dass das Lifetime-Praktikum in dieser Form ideal für uns ist. Man ist nah an der Materie“, sagen sie.

Hoffen auf finanzielle Unterstützung

Egal ob Lifetime-Praktikum oder freiwilliges soziales Jahr - sollte der herkömmliche Zivildienst tatsächlich wegfallen, hofft Schildmann auf finanzielle Unterstützung. „Alle Wohlfahrtsverbände müssen darauf dringen, dass in diesem Bereich nichts eingespart wird. Eher müssen zusätzliche Mittel bereitgestellt werden. Ob dies jedoch gelingt, ist fraglich.“

Von der Idee eines freiwilligen Zivildienstes hält Schildmann indes wenig: „Sie ist sicher ehrenwert, wird aber nur begrenzten Erfolg haben. Denn so werden immer weniger junge Menschen mit dem sozialen Bereich in Berührung kommen. Vor allem auf Männer dürfte das zutreffen.“