Bottrop. .

Sie ist eine der Hauptverkehrsadern des Ruhrgebiets und führt täglich tausende Autos quer durchs Revier.

Aber die Autobahn 40 kann auch anders: Wenn sich statt Autos Tische aneinanderreihen und dazu Drahtesel und Inlineskater den Asphalt belagern, dann bedeutet das: Ausnahmezustand – so wie gestern beim „Still-Leben“.

Wer glaubt, dass man nur mit dem Auto im Stau stehen kann, der wurde bei der Aktion eines besseren belehrt. Vor allem an den Auf- und Ausfahrten kam der Verkehr des öfteren ins Stocken. Aber wer ein echter „Ruhri“ ist, der lässt sich davon nicht die Laune vermiesen – vor allem nicht, wenn man Aussicht auf eine 60 km lange Partymeile hat. Denn zwischen Dortmund und Duisburg war eine 60 km lange Tischreihe aufgestellt, die von Clubs, Vereinen, aber auch Privatfamilien mit Leben gefüllt wurde. Das Ruhrgebiet präsentierte sich von seiner besten Seite – mit Mitmachaktionen, Musik, Tanz und Theater, alles original aus dem Revier. Und original waren auch die Menschen, die sich hier trafen: Dass der typische „Ruhri“ ein offener, warmherziger und neugierig Zeitgenosse ist, wurde einmal mehr deutlich. Denn ohne die Spontanität der Besucher, sich einmal hier ablichten zu lassen oder dort mitzuspielen, wäre das Still-Leben wohl kaum das gewesen, was es war: 60 km pures Ruhrgebiets-Erlebnis.

Und wo das Ruhrgebiet sich präsentiert, da darf Bottrop natürlich nicht fehlen. Es gab Schwerpunkte, an denen Bottroper Vereine mitmachten. Bei Kilometer 61,1 hatte es sich z.B. der Katholikenrat auf 20 Tischen eingerichtet.

„Ich bin von diesem Tag einfach begeistert“, freute sich Stadt-Pressesprecher und Kirchenbeauftragter Andreas Pläsken, „Mit einer solchen Resonanz hätte ich niemals gerechnet. Aber wie man sieht, muss man einfach etwas anbieten und die Leute sind gut drauf.“ Pläsken selbst betreute die ökumenische Aktion „Komma kucken! Bottrop...da ist der Himmel auf Erden!“. Kernpunkt: das Projekt „Spagat“. Hier konnten die Besucher auf einer Matte eine Grätsch- oder Spagatstellung einnehmen, während die Mitarbeiter Absperrungsband in der Länge der abgespreizten Beine zurechtschnitten. An Anfang und Ende der Bänder wurden jeweils beschriftete Aufkleber befestigt, die den persönlichen und alltäglichen Spagat eines jeden Besuchers widerspiegelten.

Ganz klassisch ist bei Frauen der Spagat zwischen Beruf und Familie“, weiß Lokalbeauftragter Gerhard Reinhold, „wer den Spagat im Alltag aber einmal entdeckt hat, der wird ihn an vielen Stellen entdecken. Wichtig dabei ist immer, sich nicht zu überdehnen, das gilt hier beim Spagat auf der Matte genau wie im übertragenen Sinn.“

Für Aylien Rietze aus Essen besteht die ganz persönliche Alltagsgrätsche zwischen Lernen und Freizeit – das wurde der 15-jährigen Schülerin beim spontanen Spagat am Tisch des Katholikenrats bewusst: „Ich finde die Aktion wirklich außergewöhnlich und lustig. Außerdem wollte ich einfach mal ausprobieren, wie weit ich in den Spagat hineinkomme.“

Den Rekord von 2,23m dürfte sie wohl knapp verpasst haben: „den hat vorhin eine ehemalige Balletttänzerin mal eben so aufgestellt“, lachte Andreas Pläsken.

Einige Autobahnminuten weiter, bei Kilometer 64, hatte ein anderer Höhepunkt aus Bottrop seine Zelte aufgeschlagen.

Hier waren die Neandertaler los. Eigentlich handelte es sich dabei zwar um eine Bürgergruppe, die den Besuchern das Museum für Ur- und Ortsgeschichte im Quadrat nahebringen wollten. Aber die Fellkostüme und das Drumherum – es gab zum Beispiel „Mammut-Schinken“ zum Kosten – begeisterten die Besucher. Auch Saskia Klauer fühlte sich wie auf einer Zeitreise der besonderen Art – und wollte das direkt mit einem Foto festhalten. Für „Rottenführer“ Heinz Wehres und seinen Kollegen Klaus Beyhoff kein Problem: Nur ein kurzes „Uga Uga“ zur Einstimmung gen Himmel geschickt und die Dame in die Mitte genommen – fertig war eine perfekte Erinnerung an einen ganz speziellen Tag. Und Saskia Klauer lobte: „Die Aktion springt ins Auge. Einfach toll.“ Währenddessen zog Neanderthaler Clemens Matschke für das Stillleben A40 schon einmal sein Fazit: „Ich hätte nicht zu glauben gewagt, dass der Tag so schön würde. So etwas kann es einfach nur hier geben, im Ruhrgebiet.“