Bottrop.

. Unwiderruflich: Nein, es gibt keine Karten mehr. Liebend gern zauberte Kulturamtsleiter Dieter Wollek noch einige Tausend Tickets für die „Aida“-Aufführungen auf der Halde Haniel in der Local-Hero-Woche aus der Tasche, schon um den Mitarbeitern im Kulturamt, an der Theaterkasse und im Stadtmarketing das stereotype „Ausverkauft“ zu ersparen, mit dem sie immer wieder die Kartenwünsche auch auswärtiger Interessenten beantworten.

Das ungewöhnliche Bottroper Opernprojekt löst auch in den Medien Resonanz aus - WDR und RTL berichteten am Freitag, weitere Szenen will das WDR-Fernsehen am Montag, 14. Juni, am Tag nach der Premiere in „Hier und heute“ übertragen.

Die Zuschauer werden ab 13. Juni eine moderne Inszenierung erleben, die dem ungewöhnlichen Schauplatz auf dem kahlen Plateau eine Hauptrolle zuweist.

Ohne Pomp, doch üppig

Die Traditionalisten werden ein paar Mal tief durchatmen, doch dieses Erlebnis bleibt ihnen andernorts auch nicht erspart, wo die Regie andere Wege sucht, um die Oper einem neuen und jüngeren Publikum zu erschließen. Doch so sehr der junge Regisseur Thomas Grandoch auch Überraschung und Effekt liebt: Er gibt Verdis Meisterwerk in keiner Szene der Lächerlichkeit preis.

Seine „Aida“ ist zeitlos, wie die inneren Gesetze, denen Protagonisten und Gesellschaft unterliegen: Machtgier, Eifersucht, Liebe. Wie so viele Aida-Inszenierungen überwältigt auch diese die Augen. Doch an die Stelle von Pomp und Üppigkeit konventioneller Aida-Aufführungen tritt in der Bergarena eine Üppigkeit und Detailverliebtheit eigener Prägung, die jede historische Einordnung verneint und nur der Phantasie verpflichtet ist. Das Bühnenbild wirkt, als habe ein Schrotttransporter seine Ladung verloren. Allerdings wurde das rostige Altmetall absichtsvoll platziert. Futuristische Elemente treffen auf Archaik: Wenn Radames Ramfis begegnet, dann steht Darth Vader dem Stammeshäuptling gegenüber.

Erzähler gibt Überblick

Zu Beginn der vier Akte gibt ein Erzähler einen Überblick über die Handlung, und dann darf die „Aida“ ihre Sogwirkung entfalten. Die Einführung macht Sinn, denn nicht jeder Zuschauer wird das emotionsgeladene musikalische Drama um die versklavte Prinzessin kennen, und gesungen wird - übrigens schön - in italienischer Originalsprache. Wie auch die Bottroper Symphoniker eine Leistung abliefern, die sich hören lassen kann.

Diese Inszenierung sorgt für Gesprächsstoff, nicht für Langeweile. Das ist mit das Beste, was Kunst leisten kann. „Es wäre wunderschön, wenn dieses Projekt nicht mit fünf Aufführungen auf der Halde zu Ende wäre“, meint Chorsprecherin Corina Krone. Mit dieser Auffassung steht sie nicht allein.