Bottrop. Die Stadt muss sparen und will Aulen und Klassenzimmer nicht mehr an Dritte vermieten. Darum machen die Parteien im Rat das nicht mit.
Die Stadtverwaltung will ihre Schulräume nicht länger an Dritte vermieten, um Geld und Aufwand zu sparen. Sie würde dann nicht nur Ratsparteien wie die SPD vor die Tür setzen, sondern von Karnevalisten über Musikchöre bis hin zu Schützen vor allem auch eine ganze Reihe von Vereinen. Die Sparidee der Verwaltung kam im Schulausschuss beinahe verharmlosend als „Standardreduzierung bei der Schulorganisation“ auf die Tagesordnung. Die Ratsvertreterinnen und Ratsvertreter haben den beabsichtigten Quasi-Rauswurf aber erst einmal gestoppt.
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„Es ist vorgesehen, zukünftig auf die Vermietung von Schulraum an Dritte zu verzichten“, schrieb der städtische Fachbereich für Schule in seinen Part des Haushaltssicherungskonzeptes. Die Stadt muss so ein Sparkonzept ausarbeiten, weil ihr bis 2027 ein Eigenkapital-Minus bis zu 113,7 Millionen Euro droht. „Den städtischen Finanzen droht somit der Kollaps in Form der Überschuldung“, heißt es geradeheraus. In dem Finanzplan muss die Stadt nun darlegen, mit welchen Sparmaßnahmen sie die Überschuldung abwenden will.
Den Lichthof des Berufskollegs gibt es für etwa 700 Euro
Die Vermietung von Schulaulen, Mensen, Schulhöfen oder Klassenräumen verursacht zwar einigen Aufwand bei der Stadt, doch die erhoffte Einsparung wird nicht so ganz klar. Die Verwaltung beziffert diese auf 35.400 Euro, die aber nur dann eintrete, wenn auf mittlere Sicht auch eine elektronische Zeiterfassung für Schulsekretärinnen eingeführt und eine Verringerung von Bufdi-Stellen vorgenommen wird. Dann nämlich könne die Verwaltung in ihrem Schulressort auf eine halbe Arbeitsstelle verzichten, heißt es in den Sparplänen.
Die Stadt vermietet die Schulräume allerdings freiwillig, sie ist dazu nicht verpflichtet. Durch die Vermietung fällt außerdem nicht nur im Schulressort, sondern auch in der städtischen Immobilienabteilung durch die nötige Reinigung der vermieteten Räume und den Einsatz von Hausmeistern mehr Arbeit als sonst an. Allerdings stehen dem nach Angaben der Verwaltung auch Mieteinnahmen von zirka 10.000 Euro im Jahr gegenüber. So kosten die Auf- und Abbauarbeiten im Lichthof des Berufskollegs die Mieter zum Beispiel einen Festbetrag in Höhe von 490,50 Euro, berichtet Stadtsprecherin Jeanette Kuhn. Für den Einsatz eines Hausmeisters in anderen Schulen werden 20 Euro je angefangener Stunde berechnet.
Die Entgeltsatzung ist inzwischen gut sechs Jahre alt
Die Mietpreise liegen zwischen 25,50 Euro für die Nutzung eines Schulhofes ohne Toiletten und 209,50 Euro für den Lichthof des Berufskollegs und die Aula des Heinrich-Heine-Gymnasiums. Im Lichthof ist dafür dann Platz für 668 Gäste und in der Heine-Aula für 539 Personen. Eine solche Größenordnung haben sonst auch noch die Aula der Hauptschule Welheim und das pädagogische Zentrum der Janusz-Korczak-Gesamtschule mit Platz für um die 360 Besucherinnen und Besuchern zu bieten. Aber auch Klassenräume können Vereine für 30,50 Euro Miete für kleinere Versammlungen mieten.
„Die alte Entgeltsatzung stammt aus dem Jahr 2018“, teilt Stadtsprecherin Jeanette Kuhn allerdings mit. Dass diese somit nicht mehr auf der Höhe der Zeit ist, erkennt zum Beispiel auch die SPD an. „Man kann die Aula Welheim einen ganzen Samstagabend inklusive Parken für 250 Euro mieten“, überschlägt Fraktionschef Matthias Buschfeld das Ganze grob, um klarzumachen, wie günstig die Stadt vermietet. Dennoch weist er die Sparpläne der Stadt zurück. Ein Totalrauswurf komme nicht infrage, weil dies viele Vereine hart träfe.
Unter den Mietern sind Karnevalsvereine bis hin zu Freiwilligen Feuerwehren
„Vereinsleben muss in Bottrop weiterhin möglich bleiben“, betont der SPD-Ratsherr. Zwar müsste sich auch die SPD, die immer wieder zu ihren Parteitagen in die Aula Welheim einlädt, nach Alternativen umsehen, die größte Ratspartei tagt aber auch schon einmal in der Kulturkirche Heilig Kreuz, im Stückgut oder im Story Eventhouse. Von den Rauswurfplänen der Stadt wären Vereine oder auch nicht-städtische Kulturveranstaltungen weitaus stärker betroffen. „Comedy im Saal mit Benjamin Eisenberg zum Beispiel hätte dann erst einmal keinen Spielort mehr“, meint Matthias Buschfeld. Auch das gelte es zu verhindern.
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Die Vermietungszahlen der Stadtverwaltung zeigen auch, dass einiger Bedarf vorhanden ist. „An welche Vereine et cetera vermietet wird, ist sehr vielfältig“, erklärt Stadtsprecherin Jeanette Kuhn. So gehören verschiedene Karnevalsgesellschaften, Bürgerschützenvereine, das DRK, Akteure und Akteurinnen aus dem Kulturbereich wie das Männerquartett, die Musikschule, die Ballettschule Zurhausen, oder auch Musikbands zu den Mieterinnen. Die Hochschule Ruhr West, Sportvereine, die Kolpingfamilie oder Freiwillige Feuerwehren reihen sich ebenfalls ein, so die Stadtsprecherin.
Stadt Bottrop hat in 2023 ihre Schulaulen und den Lichthof 76-mal vermietet
So hat die Stadt im vorigen Jahr ihre Schulräume insgesamt 81-mal an Dritte vermietet. 76-mal waren dabei der Lichthof des Berufskollegs und weitere Schulaulen gefragt. Das brachte der Stadt Mieteinnahmen von nicht ganz 7.350 Euro ein. Auch in diesem Jahr gab es bis Mitte März schon 34 Vermietungen. Damit die Stadt bei solchen Vermietungen nicht zu viel draufzahlt, soll die Verwaltung nun ein kostendeckenderes Konzept vorlegen. SPD-Fraktionschef Buschfeld wünscht, dass dabei weiterhin auch soziale Aspekte Berücksichtigung finden.
„Für karitative Zwecke hat die Stadt bisher ja auch Räume entgeltfrei überlassen“, sagte der Ratsherr. Denkbar sei auch, zukünftig nicht mehr alle Schulräume zu vermieten, sondern dazu eine Auswahl zu treffen, schlägt er vor. Wie die SPD lehnt auch die Linke-Ratsgruppe die Sparvorschläge der Stadt ab. „Hier wird sonst das Bottroper Vereinswesen platt gemacht“, kritisiert Ratsherr Sven Hermens. Bis Mitte April soll die Verwaltung das inzwischen angeforderte neue Vermietungskonzept dem Finanzausschuss vorlegen, teilte die Stadtsprecherin mit. Erste Parteien signalisieren aber schon jetzt: Der vorgesehene Komplettrauswurf der Vereine aus den Schulen sei so oder so vom Tisch.