Bottrop. Macht die Bezahlkarte für Flüchtlinge Sinn? Die Bottroper Sozialdezernentin ist skeptisch. Es fehlen aber auch noch Informationen.
Bund und Länder haben die Bezahlkarte als Bargeldersatz für Flüchtlinge abgesegnet. Bislang aber heißt es in NRW, dass die Städte über die Einführung selbst entscheiden sollen. Wie steht Bottrop dazu?
Zum Hintergrund: Mit der Bezahlkarte können Flüchtlinge Waren des täglichen Gebrauchs einkaufen; Bargeld verbliebe ihnen dann nur noch als „Taschengeld“ für den persönlichen Bedarf. Dadurch soll ein Missbrauch von Asylbewerberleistungen wie die Überweisung von Sozialleistung in Herkunftsstaaten verhindert werden.
CDU will, dass die Einführung der Bezahlkarte in Bottrop geprüft wird
Auf Antrag der CDU-Fraktion ist die Prüfung der Einführung dieser Bezahlkarte in Bottrop ein Thema im Haupt- und Finanzausschuss am Dienstag. Dabei verweist die CDU auch darauf, dass mit dieser Verfahrensweise der Verwaltungsaufwand zur Versorgung der Flüchtlinge reduziert werden solle.
Wie steht nun die Bottroper Stadtverwaltung zur Einführung einer solchen Bezahlkarte? „Grundsätzlich glaube ich, dass diese Bezahlkarte nur Sinn macht, wenn sie flächendeckend eingeführt wird, und nicht Kommune für Kommune für sich entscheidet“, stellt Sozialdezernentin Karen Alexius-Eifert klar.
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Davon abgesehen könne man sich über den Sinn der Bezahlkarte „trefflich streiten“, zumal es noch viele Unklarheiten über die Parameter gebe. Mit Blick auf Bottrop verweist Alexius-Eifert darauf, dass viele der Menschen, die Asylbewerberleistungen erhalten, hier ein (aus Verwaltungssicht einfach zu händelndes) Bank-Konto haben.
Sozialamtsleiter Sascha Borowiak verdeutlicht: „Diese Karte wäre für alle, die Asylbewerberleistungen bekommen.“ Diese Form der finanziellen Unterstützung erhalten seiner Auskunft nach die geduldeten Flüchtlinge sowie die gestatteten, sich noch im Asylverfahren befindlichen Flüchtlinge. „Sobald jetzt beispielsweise ein Syrer einen Aufenthaltstitel bekommt, geht er ins Jobcenter. Und dann hat er mit der Bezahlkarte nichts mehr zu tun.“ Ebenso wie die Geflüchteten aus der Ukraine, die Bürgergeld bekommen.
In Bottrop erhalten rund 900 Personen Asylbewerberleistungen
Insgesamt seien es in Bottrop rund 900 Personen, die Asylbewerberleistungen bekommen. Mit Blick auf verwaltungstechnische Erleichterungen durch die Bezahlkarte für diese rund 900 Menschen gäbe es tatsächlich einen Vorteil, sagt Borowiak: „Wir haben immer noch eine grob dreistellige Zahl an Personen in dem Asylbewerberleistungsbezug, die noch kein Konto hat.“ Trotz intensiver Beratung in diese Richtung. Die Menschen bekommen ihre Leistungen als Scheck, abzuholen zu Monatsbeginn im Sozialamt. „Es ist natürlich ein gewisser Aufwand, diese Schecks zu erstellen, zu drucken und auszugeben, der durch eine Kartenlösung wegfallen könnte.“
Borowiak sieht insgesamt noch einige offene Fragen und kritisiert unter anderem dies: „Die Menschen sollen sich ja integrieren und sollen in der Lage sein, alles eigenständig zu erledigen. Das wäre ja wieder ein Rückschritt.“
Zum Punkt Überweisungen von Sozialleistungen ins Ausland sagt die Sozialdezernentin: „Sozialamt und Jobcenter haben die Möglichkeit, sich bei gewissen Anlässen Kontoauszüge zeigen zu lassen.“ Auf Grundlage dessen schließt sie daraus, dass die Geld-Überweisung in Herkunftsländer in Bottrop „kein flächendeckendes Phänomen“ sei. Was in anderen Städten, in denen der Anteil der Flüchtlinge aus dem Bereich der Armutszuwanderung höher liege als in Bottrop, möglicherweise anders sei.
„Man kann sowas natürlich auch über andere Wege laufen lassen, aber das geht rein theoretisch auch mit der Bezahlkarte, die lässt sich ja auch unterlaufen. Wenn jemand das wirklich in bares Geld umwandeln will, dann finden Menschen da Wege“, ist die Einschätzung von Karen Alexius-Eifert.
„Wir sehen das Land in der Verantwortung, die Kosten zu übernehmen“
Die Sozialdezernentin fasst zusammen: „Wir sind da im Moment sehr skeptisch, was das Angebot der Bezahlkarte angeht. Uns fehlen aber noch Informationen.“ Wenn die Bezahlkarte aber flächendeckend eingeführt werden sollte, „dann sehen wir das Land in der Verantwortung, die Kosten zu übernehmen“.
Am bundesweiten Ausschreibeverfahren für die künftige Bezahlkarte nehme das Land NRW teil. Bislang aber hieß es, dass das Land weitere Kosten (etwa für die Bereitstellung der Karte, für die Nutzung, einzelne Buchungen) für die Kommunen nicht übernehmen wolle. Borowiak: „Für uns ist gerade absolut und völlig unklar, wie teuer die ganze Geschichte werden würde.“ Und das in einer Situation, in der die mehr als klamme Stadt Bottrop aufgrund eines 60-Millionenlochs im Haushalt gerade den Entwurf für ein Haushaltssicherungskonzept vorgelegt hat.