Bottrop. Der Fachkräftemangel trifft auch den Handel. Kathrin Gödecke setzt auf Ausbildung im eigenen Betrieb. Das unterstützt der NRW-Arbeitsminister.

Der Fachkräftemangel stellt die gesamte Wirtschaft vor große Probleme. Auch der Einzelhandel als wichtiger Wirtschaftszweig wird dadurch herausgefordert. Wenn qualifizierte Bewerber nur schwer zu finden seien, gebe es in Zeiten des Fachkräftemangels keine Alternative als sich selber die Fachkräfte auszubilden und sie vor allem nach der Ausbildung zu halten und möglichst langfristig zu binden, sagt Kathrin Gödecke, die zwei Rewe-Supermärkte in Bottrop und Kirchhellen betreibt.

Kathrin Gödecke leitet Familienbetrieb in Bottrop in vierter Generation

Die Ausbildung junger Menschen im Einzelhandel stand deshalb im Mittelpunkt des Besuchs von NRW-Arbeitsminister Karl-Josef Laumann im Supermarkt an der Horster Straße. Beim Rundgang mit Oberbürgermeister Bernd Tischler und Vertretern der Industrie- und Handelskammer (IHK) Nord Westfalen durch den im Bergbaustil neugestalteten Standort wies die engagierte Unternehmerin, die den Familienbetrieb in der vierten Generation leitet, auf die Verbundenheit zur Region hin, die man mit der Dekoration zum Ausdruck gebracht habe.

Man habe im Betrieb keine großen Personalprobleme, aber guter Service sei nun mal personalintensiv. Die immer wieder verlängerten Ladenöffnungszeiten erforderten auch mehr Personal, das könne man nicht sinnvoll weiter ausdehnen. „Ich frage mich, wie haben wir das bloß früher gemacht, als wir nur bis 18 Uhr einkaufen konnten“, wunderte sich der Minister. Der CDU-Politiker verteidigte besonders die freien Sonntage, „die sind mir wichtig, weil die Gesellschaft auch davon lebt, dass die Familien zusammenkommen.“

Der Rewe-Markt an der Horster Straße in Bottrop ist im Bergbau-Stil gestaltet.
Der Rewe-Markt an der Horster Straße in Bottrop ist im Bergbau-Stil gestaltet. © FUNKE Foto Services | Thomas Gödde

In den beiden Supermärkten in Bottrop und Kirchhellen sind aktuell fast 100 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter beschäftigt, man sei gut besetzt, müsse aber dafür auch viel tun, sagte Kathrin Gödecke. Zurzeit werden 11 Auszubildende in den Berufen Kaufmann/-frau und Verkäufer/-in im Einzelhandel ausgebildet.

Kathrin Gödecke sieht schon gravierende Veränderungen bei den Voraussetzungen im Vergleich zu früheren Auszubildenden, oft fehlten Grundkompetenzen, Ausbildungsreife, Motivation und das Erkennen der Wichtigkeit der Arbeit. Manche Azubis hätten auch falsche Vorstellungen: „Man kriegt nicht den perfekten Azubi, als Arbeitgeber ist man auch ein halber Sozialarbeiter, wir kriegen das hin, aber es ist oft eine große Herausforderung:“ Man müsse nicht mehr nur fachlich ausbilden, sondern in vielen Lebenslagen helfen: „Man muss sich anders engagieren, wenn man weniger Personal bekommt, es geht viel über lokale An- und Verbindung, man muss den engen Kontakt zwischen Schulen und Betrieben aufrecht erhalten.“

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In Bottrop haben alle weiterführenden Schulen eine Vereinbarung zur IHK-Initiative „Partnerschaft-Schule-Betrieb“ und damit auch Kooperationen mit Betrieben. Den Schülerinnen und Schülern soll der Übergang in den Beruf erleichtert und Betriebe bei der Sicherung der Fachkräfte unterstützt werden. Nach IHK-Angaben gehört der Einzelhandel mit zu den Branchen, in denen es schwer ist, alle Ausbildungsplätze zu besetzen. In Bottrop haben im vergangenen Jahr nur 46 junge Menschen eine Ausbildung im Einzelhandel begonnen, vor 10 Jahren waren es noch mehr als das Doppelte.

Die IHK Nord Westfalen, deren Vizepräsidentin Kathrin Gödecke ist, setzt außerdem Ausbildungsbotschafter ein, dabei berichten Bottroper Azubis in den Schulen über ihren betrieblichen Alltag.

Arbeitsminister Karl Josef Laumann: „Wir müssen uns um die jungen Leute kümmern“

Zwischen Bottrop und Kirchhellen sieht Kathrin Gödecke noch keine gravierenden Unterschiede, aber die Tendenz, dass Jugendliche ihren Ausbildungsplatz gern in der Nähe haben wollen, deshalb versuche man die Azubis vor Ort einzusetzen. „Die Ausbildung im eigenen Betrieb ist der wichtigste Beitrag zur Fachkräftesicherung“, ist sich auch der Arbeitsminister sicher; „ wir müssen uns um die jungen Leute kümmern.“

Beim Abschlussgespräch ging es auch um die veränderten Bedingungen am Arbeitsmarkt. Viele Arbeitnehmer und Auszubildende können sich heute den Arbeitgeber aussuchen, dazu steuerte Minister Laumann den Satz eines Ausbildungssuchenden bei: „Ich werde ihre Firma in meine engere Wahl einbeziehen.“

Einig waren sich alle Beteiligten, dass sich Arbeit für die Menschen lohnen müsse. „Ein Mensch, der voll arbeitet, muss von seinem Einkommen leben können, dafür muss man Anreize schaffen“, sagte Laumann, aber es sei auch wichtig, einen Beruf zu finden, der zu dem Menschen passt. Das große Problem der Arbeitslosigkeit sei die fehlende Berufsausbildung, dabei habe man heute oft mehr Lehrstellenangebote als Schulabgänger. Der Arbeitsminister gab zum Schluss zu: „Wir sind oft etwas weit vom Schuss, ein Ministerium lebt davon, dass uns die Menschen informieren, die täglich vor Ort sind.“