Bottrop. Am Marienhospital in Bottrop sind keine Entbindungen vor der 32. Schwangerschaftswoche mehr möglich. Alle anderen Leistungen bleiben erhalten.

Die Leitung des Marienhospitals Bottrop hat entschieden, keine Leistungen eines Perinatalzentrums Level I mehr anzubieten. Im Wesentlichen bedeutet das: Extreme Frühgeburten noch vor der 32. Schwangerschaftswoche sind hier nicht mehr möglich. Davon ist aber der größte Teil der Schwangeren nicht betroffen.

Professor Dr. Hans-Christian Kolberg, Chefarzt der Geburtshilfe, erläutert, was Schwangere aktuell am Marienhospital erwartet. „Wir bieten die Leistungen eines Geburtshilflichen Schwerpunktes Level III“, so Kolberg. „Wir entbinden alle Frauen ab der abgeschlossenen 32. Schwangerschaftswoche.“

Professor Dr. Hans-Christian Kolberg, Chefarzt Klinik für Gynäkologie und Geburtshilfe am Marienhospital in Bottrop.
Professor Dr. Hans-Christian Kolberg, Chefarzt Klinik für Gynäkologie und Geburtshilfe am Marienhospital in Bottrop. © FUNKE Foto Services | Thomas Gödde

Und zwar zum Beispiel auch jene mit insulinpflichtiger Schwangerschaftsdiabetes, „wenn keine akute Gefahr fürs Kind droht“, so der Gynäkologe.

Marienhospital Bottrop bietet Pränataldiagnostik an

In der Zeit der Schwangerschaft und der Vorbereitung auf die Geburt werden am MHB weiterhin verschiedenen Untersuchungen im Rahmen der Pränataldiagnostik angeboten. Unter anderem zählen dazu geburtshilfliche Ultraschall- und Doppleruntersuchungen, Fehlbildungsausschluss, die fetale Echokardiographie (Untersuchung des kindlichen Herzens), die Fruchtwasseruntersuchung (Amniocentese), das Ersttrimester-Screening.

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Weiterhin werden am MHB auch Risikoschwangerschaften betreut, betont Prof. Dr. Hans-Christian Kolberg. Die Säuglinge können dann bei Bedarf nach der Geburt in der mit Intensivbetten ausgestatteten Kinderklinik des MHB behandelt werden.

„Wenn wir bemerken, dass eine Entbindung vor der 32. Schwangerschaftswoche ansteht, würden wir die Schwangeren an ein Perinatalzentrum Level I weiterschicken“, stellt der Chefarzt klar.

Anlaufstelle in Oberhausen: Perinatalzentrum am EKO

Das nächstgelegene Perinatalzentrum finden Bottroperinnen am Evangelischen Krankenhaus Oberhausen (EKO), rät Kolberg. Mit seinem Kollegen dort habe er die Lage auch schon besprochen. „Den Frauen wird dort auch ermöglicht, wieder zu uns zu wechseln, sollte die Entbindung doch erst nach der 32. Schwangerschaftswoche anstehen.“

Eine Sprecherin des EKO bestätigt, dass das Krankenhaus vorbereitet ist: „Schon aufgrund der räumlichen Nähe vermuten wir, dass die Nachfrage steigen wird, und Schwangere mit Geburten vor der 32. Schwangerschaftswoche das EKO aufsuchen werden.“

Das Perinatalzentrum dort habe bereits eine sehr hohe Auslastung. Im Jahr 2023 wurden 50 Geburten bis zu einem Geburtsgewicht von 1500 Gramm im EKO betreut. Werden die Kapazitäten auch bei möglicherweise verstärktem Zulauf reichen? „Inwieweit jederzeit Kapazitäten vorhanden sind, kann nicht pauschal beantwortet werden, da es sich um ein Fachgebiet handelt, das naturgemäß kaum im Voraus planbar ist und gleichzeitig mit hohen strukturellen und personellen Vorgaben einhergeht, die permanent vorgehalten werden müssen“, so die Sprecherin.

Weitere Perinatalzentren finden Schwangere laut Kolberg am Elisabeth-Krankenhaus in Essen, am Uniklinikum Essen oder am Marienhospital in Ückendorf.

Wann das Marienhospital für Schwangere das richtige Krankenhaus ist

Zurück nach Bottrop: Was rät Prof. Dr. Hans-Christian Kolberg nun Frauen mit einer Risikoschwangerschaft? Faktoren für eine solche sind zum Beispiel Erstgebärende, die älter als 35 Jahre alt sind, Mehrlingsschwangerschaften, Komplikationen bei früheren Entbindungen, schwere Vorerkrankungen, genetisch bedingte Erkrankungen in der Familie, Schwangerschaftsdiabetes. „Gibt es Risiken, die einer Abklärung bedürfen, sollten die Frauen sich einfach bei uns vorstellen.“ Frauen „mit aktiven Geburtsbestrebungen vor der 32. Schwangerschaftswoche“ rät er hingegen, sich direkt in einem Perinatalzentrum Level I vorzustellen.

Kolberg nennt Beispiele: „Bei einem Blasensprung in der 30. Schwangerschaftswoche fahren sie direkt ins EKO.“ Bei einer auffälligen Doppler-Untersuchung beim Frauenarzt in der 28. Woche hingegen können die Frauen zum MHB kommen.

Dort soll der Kreißsaal jetzt noch im Sinne einer größeren Wohlfühlatmosphäre umgestaltet werden. Kolberg erinnert in diesem Zusammenhang auch an die Möglichkeit der „Hausgeburt in der Klinik“ am Marienhospital: Im sogenannten Hebammenkreißsaal können Schwangere ohne Komplikationsrisiko ausschließlich mit einer Hebamme an ihrer Seite entbinden, wenn sie das wünschen.

Aufgabe des Perinatalzentrums keine Frage der Qualität

Die Entscheidung gegen das Perinatalzentrum Level I ist im Marienhospital vor dem Hintergrund der gesetzlich vorgegebenen Neuerungen des Gemeinsamen Bundesausschusses gefallen, erläutert die Krankenhausleitung. Dabei gehe es vor allem um angehobene Mindestmengenvorgaben für Perinatalzentren, die für das MHB bereits kurzfristig nicht zu erfüllen seien. „Es geht rein um Struktur-Kriterien und Zahlen“, verdeutlicht Prof. Dr. Hans-Christian Kolberg. Den Anforderungen nachzukommen, sei bei einem Haus in der Größe des MHB schwierig.

Die Qualität der Versorgung Frühgeborener sei leider kein Kriterium – denn diese sei am MHB nicht zu beanstanden, im Gegenteil: „Die Ergebnisse sowohl von Überleben als auch von Komplikationen im Perinatalzentrum des Marienhospitals liegen über dem landesweiten Durchschnitt aller Perinatalzentren“, betonte die Krankenhausleitung.