Bottrop. Knapp 6500 Zuhörer kamen zu dem Festival. Obwohl von der Integration in das 2010-Projekt Orgellandschaft Ruhr nichts zu spüren war.

Thorsten Pech musizierte beim Neujahrskonzert mit dem Bach-Trompeten-Ensemble an der Orgel.
Thorsten Pech musizierte beim Neujahrskonzert mit dem Bach-Trompeten-Ensemble an der Orgel. © WAZ FotoPool

Nach einem 14-tägigen Orgelmarathon mit 18 Konzerten und drei Gottesdiensten ist es für alle Beteiligten pure Erholung, den Abend nicht bei einem Konzert in der Kirche zu verbringen. Aber der hohe Aufwand hat gelohnt, mit dem Festival Orgel Plus gelang der Stadt ein Auftakt nach Maß: „Das war für Bottrop ein absolut gelungener Start ins Kulturhauptstadtjahr”, erklärt Kulturamtsleiter Dieter Wollek.

Die Besucherstatistik dokumentiert den Erfolg mit Zahlen. Mit knapp 6500 Zuhörern erzielte das Festival einen Besucherrekord, der nach Überzeugung der Beteiligten nicht nur der hohen Zahl der Konzerte geschuldet ist, sondern auch dem Bekanntheitsgrad und der Qualität. Beim Eröffnungskonzert am Neujahrstag drängten sich 684 Zuhörer in der Cyriakuskirche, um das attraktive Zusammenspiel von Orgel plus Pauken und Trompeten zu erleben. Diese Kombination ist fast ein Garant für hohe Resonanz. Doch selbst eine ausgefallene „Spezialität” wie Orgel plus Bajan fand in St. Joseph 140 Zuhörer, und die Meisterkurs-Konzerte, die andernorts vor leeren Stuhlreihen über die Bühne gehen, lockten in Bottrop 300 Besucher an.

Kritische Töne aus dem Kulturamt

Mit Hackbrett und Mundharmonika

Im nächsten Jahr soll das Orgel-Plus-Festival vom 1. bis 9. Januar in Bottrops Kirchen stattfinden - die Zuhörer können sich auch wieder auf ein Neujahrskonzert freuen.

Dr. Gerd Heinz Stevens hat die Planung bereits abgeschlossen: Auf dem Programm stehen dann so ungewöhnliche Kombinationen wie Orgel und Hackbrett oder Mundharmonika. Das Deutsche Saxophon-Ensemble wird als Instrumentalpartner der Orgel zu hören sein. Darüber hinaus bilden Panflöte, Harfe und Posaune in den Konzerten das „Plus”.

Aus lokaler Perspektive hat das Festival den guten Namen, den die Stadt unter Orgelfreunden besitzt, gefestigt. Aber ursprünglich hätte Bottrop als Bestandteil des Kulturhauptstadt-Projekts „Orgellandschaft Ruhr” in Erscheinung treten sollen - und von diesem übergeordneten, regionalen Zusammenhang war nichts zu spüren, merkt der Kulturamtsleiter kritisch an. Die Orgellandschaft Ruhr, im Internet beworben als das „weltweit größte Orgelfestival”, schenkte dem Standort Bottrop keine Aufmerksamkeit. Das regionale Festival wurde offiziell am 15. Januar eröffnet - zu diesem Zeitpunkt bog Orgel Plus bereits auf die Zielgerade ein. In Bottrop bedauert man nicht nur die terminliche Überschneidung als Ärgernis für Orgelfreunde, die sich entscheiden mussten: Während im Essener Dom am 15. Januar der Organist von Notre Dame in Paris beim Auftaktkonzert musizierte, waren in der Cyriakuskirche die Swingle Singers zu Gast. „Die Orgellandschaft Ruhr hat eine Chance verpasst. Es wäre ohne Anstrengung machbar gewesen, das etablierte Festival Orgel Plus einzubeziehen”, erklärt Kulturamtsleiter Wollek. Und dadurch hätte die Orgellandschaft Ruhr als 2010-Projekt nur gewonnen, meint auch Festivalleiter Stevens. „An uns lag es nicht”, beteuert Wollek: Die Bottroper Festival-Planung sei in Essen bekannt gewesen.

Die Zukunft des einzigen etablierten Kulturfestivals der Stadt sieht Wollek trotz des allgegenwärtigen Spardrucks gelassen. „Wenn es Abstriche geben sollte beim Kulturprogramm, wird das nicht zu Lasten von Orgel Plus gehen. Denn das wäre dumm. Das wird der Kulturausschuss nicht tun.”