Bottrop. Viele Traditionsgeschäfte haben die Innenstadt verlassen, viele Bottroper trauern ihnen nach. Ein nostalgischer Blick in die Vergangenheit.
Keine leichten Zeiten für den stationären Handel oder die Gastronomie. Dabei sind es nicht nur die schon fast vergessene Corona-Pandemie, die Energiekosten oder die Preistreiberin Inflation, die Handel und Gewerbe in der City, aber auch in den Vororten zu schaffen machen.
Die letzten gut zehn Jahre zeigen, wie geändertes Konsumverhalten, andere Ansprüche an Qualität oder Beratung und Verfügbarkeit (Stichwort Online-Handel) aber auch eine immer neue Jagd nach Rabatten oder Sonderangeboten dafür sorg(t)en, dass Kundinnen und Kunden Kaufhäuser, Spezialgeschäfte aber auch Traditionsorte wie Cafés und Konditoreien „links“ liegenlassen. Die folgende Liste der letzten zehn Jahre lässt sich problemlos fortsetzen.
Dieser Artikel erschien erstmals im Sommer 2023.
Online-Konkurrenz ist nicht allein der Grund für Probleme des Einzelhandels
Dass Online nicht für alle die Lösung bedeutet, sagte gerade der Unternehmer und frühere Sinn-Manager Friedrich Göbel dieser Zeitung, der für seine neu entstehende Kaufhauskette gar keinen Onlineshop anbietet. Da sind wir an dieser Stelle auch bei gleich einer markanten Geschäftsaufgabe in Bottrop.
Mensing: Das seit 1922 in Bottrop ansässige Modehaus, zunächst nur für Herren- und Knabenmode, zuletzt als Haus für alle mit vielen unterschiedlichen bekannten Fabrikaten, geht 2020 in die Insolvenz, zwei Jahre vor seinem 100-jährigen Firmenjubiläum. Die Mensing-Häuser zwischen Bottrop, Dorsten bis nach Rheine übernimmt die Modekette Sinn.
Karstadt: Den wohl schwersten Schlag für die Innenstadt bedeutet 2016 die Schließung des Bottroper Karstadt-Hauses. Nach fast 125 Jahren am Ort, zunächst noch unter dem Namen Althoff, verlässt das einstige Vollsortiment-Warenhaus das markante Traditionsgebäude an der Hansastraße, wo es seit den 1920er Jahren residiert. Karstadt, später die Unternehmensgruppe Galeria-Karstadt-Kaufhof, ist in die wirtschaftliche Schieflage geraten, aus der sie sich bis heute zu befreien versucht. Auch der Nachfolger Moses meldet Insolvenz an, nach nur vier Monaten am Ort.
Klauser – früher Böhmer: Seit Jahrzehnten eine gute Schuhadresse. Im September 2023 verlässt der insolvente Schuhhandel Klauser den angestammten Ort am Altmarkt. Seit dem Umbau des Viertels in den frühen 60er Jahren war dort zunächst Böhmer ansässig. Die bei Kindern beliebte Rutsche aus dem früheren Böhmer-Haus ist allerdings schon viel länger Geschichte.
Erlenkämper: Was zunächst mit dem plötzlichen Tod von Buchhändler Ralf Becker nach einer Schließung mangels Nachfolge aussieht, entpuppt sich im August 2023 auch als wirtschaftlich motivierte Schließung der traditionsreichen Buchhandlung Erlenkämper, zuletzt an der Hochstraße. Auch dort hat es in der Vergangenheit offenbar zu geringe Umsätze gegeben.
Bio-Bukes: Nach immerhin 15 Jahren in der Stadt schließen Karin und Barbara Bukes 2023 ihren Bio-Supermarkt an der Böckenhoffstraße, nachdem sie das Geschäft zuvor vom Rand (Prosperstraße) in die City verlegt hatten und das Sortiment um ein Bistro erweitert hatten. Der Umsatz sei für auskömmlichen Gewinn zu gering gewesen, heißt es. Nun gibt es aber neue Pläne für den ehemaligen Bio-Supermarkt.
Schöngrün: Mitten in der Corona-Pandemie zieht sich 2021 Jochen Klee nach zehn Jahren von der Kirchhellener Straße zurück. Immerhin 33 Jahre war er zu dem Zeitpunkt in Bottrop mit Blumen im Geschäft.
Moden Pier: Cornelia Amlang führt seit 1999 das Modegeschäft Pier an der Poststraße. Im März 2024 hat sie ihr Geschäft an der Poststraße geschlossen. Kürzlich hat dort das Abend- und Brautmodengeschäft Mirsen eröffnet.
Metzgerei Jaeger: Nach 137 Jahren in Bottrop endet 2021 die Metzgereitradition von Jaeger am Bottroper Pferdemarkt. Der einst große Mitbewerber Mengede ist schon länger Geschichte, nicht nur das Geschäft in der City, auch die Produktion auf dem Eigen ist passé.
Metzgerei Hemmers: Ebenfalls 2021 entschließen sich Hans-Hermann und Marie-Luise Hemmers das Fleischereigeschäft an der Gladbecker Straße 216 aufzugeben. Dort endete mangels Nachfolge eine 108-jährige Familientradition in der dritten Generation. Einer der letzten Metzger im Südosten der Stadt, Franz-Josef Urbann, hatte früher auch eine Filiale an der Hansastraße.
j-turn: Nach 44 Jahren in Bottrop schließt Johannes Stovermann 2020 seinen Jeans- und Freizeitmodeladen „j-turn“ am Kirchplatz. Der Geschäftsmann und dessen langjährige Mitarbeiterin gehen in den wohlverdienten Ruhestand. Sein Fazit: Man habe in Bottrop auch dank treuer Kundschaft immer gute Umsätze gemacht, aber Centro und Online-Handel hätten viel Kaufkraft aus der Stadt abgezogen.
Rebbelmund: Der Herrenausstatter Rebbelmund, der 1919 zunächst an der Gladbecker-/ Ecke Horster Straße, später an der Hochstraße und zuletzt an der Adolf-Kolping-Straße / Ecke Poststraße hochwertige Herrenkleidung anbietet, ist seit einigen Jahren ebenfalls Geschichte.
Juwelier Christ – Parfümerie Douglas: Auch vor den Filialisten macht die wirtschaftliche Situation keinen Bogen. So haben 2020 bereits der Juwelier Christ und ein Jahr später die Parfümeriekette Douglas ihren Rückzug aus Bottrop angetreten. Die Hansastraße verliert seither immer mehr stationären Einzelhandel. Der Auszug des früheren Kaufhauses Rickert – mit Durchgang zum Hansazentrum – samt darüberliegendem Café vor über zehn Jahren markiert gewissermaßen den Beginn dieser Entwicklung.
Cafés Beckhoff, Bergendahl, Siebeck, Spengler: Mit Bergendahl verschwindet 2014 nicht nur das Dom-Café als letztes traditionelles „Plüschcafé“ in der Innenstadt, sondern auch die gleichnamige Bäckerei und Konditorei. Zuvor hatten schon die alteingesessenen Cafés Beckhoff (Osterfelder Straße) und danach Siebeck an der Essener Straße geschlossen. Der ehrenwerte Versuch, die Tradition des alten Cafés Spengler am gleichen Ort an der Gladbecker Straße wiederzubeleben, gelang der ehemaligen Spengler-Mitarbeiterin Christine Biskup nicht dauerhaft. 2013 hieß es, die Banken hätten nicht mitgespielt.
Fischhandlung Krichel: Als letzter Fischhändler jenseits des Wochenmarkts gibt Hans Krichel 2018 doch seine Fischhandlung plus Restaurant an der Gladbecker Straße auf. Der gebürtige Bottroper konzentriert sich nur noch auf seine Düsseldorfer Geschäfte. Seinen Nachfolger Jürgen Schmidt hält es nicht lange. Zuletzt eröffnete Isabelle Aberfeld dort „Bellas Gourmet-Bistro“, aber auch diese Fisch-Adresse ist nach Mängeln an der Immobilie trotz Mietzuschuss durch die Innenstadtoffensive bereits wieder Vergangenheit.